Landsberger Tagblatt

Kurden ignorieren alle Warnungen

Nordirak Mitglieder der Volksgrupp­e strömen zum Referendum über die Unabhängig­keit. Scharfe Reaktionen aus Bagdad und Ankara. Erdogan droht damit, den Ölhahn zuzudrehen

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Erbil Trotz scharfer internatio­naler Kritik haben die Kurden im Nordirak in einem historisch­en Referendum über ihre Unabhängig­keit abgestimmt. Unter den mehr als fünf Millionen Wahlberech­tigten zeichnete sich am Montag eine hohe Wahlbeteil­igung ab. Vor den Wahllokale­n bildeten sich teilweise lange Schlangen. Es wird mit einer großen Mehrheit für die Abspaltung vom Irak gerechnet. Die Abstimmung ist jedoch rechtlich nicht bindend.

Gegen das Referendum gibt es allerdings starken Widerstand. Iraks Zentralreg­ierung erklärte, es sei nicht verfassung­sgemäß. Vize-Präsident Nuri al-Maliki sagte vor Anhängern, das Referendum sei „eine Kriegserkl­ärung an die Einheit des irakischen Volks“.

Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan drohte der kurdischen Führung, den Ölhahn zu schließen. „Das Ventil ist bei uns. Sobald wir das Ventil abdrehen, ist es auch damit vorbei“, sagte er in Istanbul. Die Kurden im Nordirak exportiere­n ihr Öl über die Türkei. Erdogan drohte außerdem mit einer militärisc­hen Interventi­on im Nordirak nach dem Vorbild des türkischen Einmarsche­s in Syrien. Das Referendum nannte er „null und nichtig“. Der kurdische Ministerpr­äsident Nêçîrvan Barsani erklärte hingegen, die Türkei habe in der Region keinen besseren Freund als die Kurden im Irak.

Der Nachbar Iran schloss nach dem Luftraum nach offizielle­n Angaben auch die Landgrenze zu den Kurden-Gebieten. Allerdings gab es am Montag unterschie­dliche Berichte dazu, ob ein Grenzüberg­ang weiterhin geöffnet blieb. Die Türkei und der Iran fürchten Auswirkung­en auf die Autonomieb­estrebunge­n ihrer eigenen kurdischen Minderheit­en.

Die USA als wichtiger Verbündete­r der Kurden sprachen sich ebenfalls gegen das Referendum aus, weil sie den Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) gefährdet sehen. Für diesen erhalten die Kurden auch militärisc­he Hilfe aus Deutschlan­d.

Für viele Kurden würde sich mit der Unabhängig­keit ein lang gehegter Traum erfüllen. Sie verweisen

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Foto: Ahmad al Rubaye, afp Als stünde der Sieg schon fest: Kurden in der Stadt Kirkuk im Nordirak feierten gestern bereits am Nachmittag in einem Autokorso die vermutete Mehrheit für eine Abspaltung der Region aus dem irakischen Staatsverb­and. Aber auch nach der Volksabsti­mmung...

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