Wenn es an der Straße plötzlich nach Bär riecht
Unfallverhütung Wie ein Landsberger Unternehmen die Zahl der Wildschäden verringern will. Mit dem Geruch von gefährlichen Tieren sollen Rehe, Wildschweine und Co. von den Straßen ferngehalten werden
Landsberg Im Herbst, wenn die Tage kürzer werden, häufen sich laut ADAC wieder Wildunfälle auf den Straßen in der Region. Besonders hoch ist die Gefahr während der Dämmerung. Im Jahr 2015 zum Beispiel ereigneten sich laut Statistik der Polizei Landsberg 572 Verkehrsunfälle mit Wildtieren im Landkreis. Das Unternehmen Hagopur aus Landsberg will die Zahl der Wildunfälle reduzieren – auf „duftende“Art und Weise.
Helfen soll der Duft von Fressfeinden der heimischen Schalenwildtierarten (Rehe, Hirsche und Schwarzwild). „Wir verwenden synthetisierte, biologische Geruchsstoffe von Bär, Wolf, Luchs oder Mensch“, erzählt der Vorstandsvorsitzende der Hagopur AG, Bernhard Frey. Das Duftsekret wird einem klebrigen PU-Schaum, ähnlich Bauoder Montageschaum, beigemengt und in tennisballgroßen Schaumdepots an Bäumen oder Pfosten entlang der Straße angebracht. Die Aromastoffe des Sekrets entweichen über mehrere Monate aus dem Schaumdepot in die Umgebungsluft. Dann könne wieder „nachgeimpft“werden. Für den Menschen sei der Geruch des „Duftzauns“unangenehm. „Man kann sich das in etwa wie den Gestank von schweißgetränkten Gummistiefeln vorstellen“, sagt Frey. Anders als die Tiere nehme der Mensch diesen Geruch nach kurzer Zeit nicht mehr wahr. Optische Maßnahmen, wie zum Beispiel Reflektoren, wirken nur nachts – der „Duftzaun“permanent.
„Die Duftstoffe sensibilisieren Rehe, Wildschweine und Co. für Gefahr“, sagt Bernhard Frey. In Kombination mit dem Licht und der Bewegung der Autos sorge das da- für, dass sich Rot- und Schwarzwild vorsichtiger verhalten. Auf den bisher ausgestatteten Streckenabschnitten konnte laut Marketingleiterin Sabine Becker eine durchschnittliche Reduzierung der Wildunfälle um 76 Prozent erzielt werden. Im Landkreis Landsberg kommt der Duftzaun beispielsweise auf der Kreisstraße zwischen Utting und Finning zum Einsatz.
Abnehmer der Produkte sind allen voran Jagdpächter. Diese seien teils überlastet mit den häufig auftretenden Wildunfällen. Bund, Länder und Gemeinden würden selten in die Wildunfallprävention investieren. In anderen Partnerländern von Hagopur, wie beispielsweise Tschechien, sei das anders. Auch weil die EU mit Fördermitteln Unterstützung leiste.
Am Firmenstandort Landsberg kümmert man sich vorwiegend um den Vertrieb und den Test der Produkte. Die Geruchsstoffe für den „Duftzaun“kommen von Zulieferern. Die Produktion übernimmt eine andere Tochterfirma von Frey. Alle acht festangestellten Mitarbeiter von Hagopur besitzen einen Jagdschein. Dies erleichtere die Kommunikation mit den Kunden, erklärt Frey.
Hagopur besteht schon seit rund 30 Jahren. Die Firma hat sich auf den Vertrieb von Produkten aus dem Jagd-, Forst, Natur- und Outdoorbereich spezialisiert. Den großen Durchbruch feierte das mittelständische Unternehmen 1992 mit dem Gewinn eines Ideenwettbewerbs von ADAC und Landesjagdverband Bayern. Seitdem halte man ein weltweites Patent auf den speziellen Duftschaum.
„Mittlerweile ist unsere Firma europaweiter Marktführer für Wildschaden- und Unfallverhütung und liefert in 28 verschiedene Länder auf der ganzen Welt“, so Frey. Die Einsatzgebiete der Duftzäune sind vielseitig: Mit ihnen werden zum Beispiel in Saudi-Arabien auch wilde Kamele abgewehrt.
Die Schaumdepots sind so groß wie ein Tennisball