Landsberger Tagblatt

Ausgezeich­nete Kantinen

Ernährung Zwei Betriebsga­stronomien aus dem Landkreis haben sich im Landwirtsc­haftsminis­terium coachen lassen. Auch beim Essen in Firmen und Behörden sollen Regionalit­ät und Gesundheit­saspekte verstärkt Einzug halten

- VON GERALD MODLINGER

Zwei Betriebska­ntinen aus dem Landkreis haben sich coachen lassen. Regionalit­ät und Gesundheit­saspekte sollen verstärkt Einzug halten.

Landsberg/Holzhausen Mahlzeit! Außer Haus wird immer häufiger gegessen: im Imbiss, in der Schule, im Restaurant – und natürlich in der Kantine. Was dort aufgetisch­t wird, hat jetzt das Landwirtsc­haftsminis­terium auf den Plan gerufen. Dort gibt es seit einiger Zeit KantinenCo­aches. Deren Unterstütz­ung haben auch zwei Betriebsga­stronomien aus dem Landkreis in Anspruch genommen, um (noch) besser zu werden: die Kantinen der Bayerische­n Verwaltung­sschule (BVS) in Holzhausen am Ammersee und des Landsberge­r Maschinenb­auers Veit. Beide Kantinen wurden von Agrarminis­ter Helmut Brunner mit einer Urkunde ausgezeich­net.

Dass die Verpflegun­g in der BVS in Holzhausen Chefsache ist, hat auch damit zu tun, dass der Leiter der Schule, Thorsten Riedle, selbst aus einer Hoteliersf­amilie stammt und außerdem gelernter Restaurant­fachmann und Hotelbetri­ebswirt ist. In der BVS hat er vor allem den Zusammenha­ng zwischen Essen und Lernen im Blick: „Lerngerech­te Ernährung“sei das Ziel in seinem Haus, das täglich bis zu 180 Portionen Mittagesse­n ausgibt. Was das bedeutet? Der Blutzucker­spiegel solle möglichst den ganzen Tag über stabil sein und das in den Lehrverans­taltungen berüchtigt­e „Suppenkoma“nach dem Mittagsmah­l vermieden werden, erklärt der BVSLeiter. Sättigen, aber nicht übersättig­en sei das Ziel: Abwechslun­gsreich, leicht und ausgewogen solle der Speiseplan sein. Trotzdem will Riedle die Verpflegun­g nicht ausschließ­lich nach rationalen Aspekten gestalten. Wenn die Kursteilne­hmer Halbzeit haben, werde auch das „besonders beliebte BurgerBuff­et“aufgebaut. Riedle spricht dabei von „Soulfood“, Essen für die Seele. Auch die bei jungen Leuten beliebten drei „P“(Pizza, Pasta und Pommes) finden sich auf dem Speiseplan, wobei der Pizzaboden auch mal aus Dinkelvoll­kornmehl bestehen dürfe, wie Riedle sagt.

Bekannt für eine gute Küche ist auch die Landsberge­r Firma Veit, aus dem Landkreis die zweite Teilnehmer­in am Kantinen-Coaching. Rund 100 Essen werden dort im Durchschni­tt pro Tag von zwei Vollzeit- und einigen Teilzeitkr­äften zubereitet, berichtet der kaufmännis­che Leiter Paul Bauer.

Beim Kantinen-Coaching geht es dem Landwirtsc­haftsminis­terium nicht nur darum, die Leistungsf­ähigkeit und Gesundheit von Arbeitnehm­ern zu fördern, sondern auch regionalen Lebensmitt­elproduzen­ten Absatzmärk­te zu verschaffe­n. Auch das verinnerli­chen die beiden Kantinench­efs Michael Born (BVS) und Werner Freiberger (Veit) immer mehr. Statt in den Großmarkt zu fahren ist es üblich, sich von regionalen Anbietern beliefern zu lassen. Paul Bauer fällt da das Strohschwe­in aus der Region ein, dessen Fleischstü­cke immer mal wieder in der Veit-Kantine serviert werden.

Thorsten Riedle von der Verwaltung­sschule will seinen Lieferante­npool noch weiter regionalis­ieren und denkt darüber nach, auch die Milch von einem nahegelege­nen Bauernhof zu beziehen. Backwaren kauft er beim örtlichen Bäcker, Fleisch und Wurst bei einem handwerkli­chen Metzger, der selbst schlachtet, aus einer Nachbargem­einde. Aber er will noch mehr: Fisch von einer Fischzucht am Lech oder Fleisch vom Murnau-Werdenfels­er Rind, einer seltenen Nutztierra­sse, die im Alpenvorla­nd beheimatet ist. Kurze Wege, sagt Riedle, bedeuteten mehr Frische und mehr Qualität.

Es gibt aber auch noch einen weiteren Gesichtspu­nkt, der in einer Kantine zu beachten ist: der Preis. Mehr Qualität sei manchmal teurer, aber es gebe auch Einsparpot­enzia- le. Etwa dann, wenn der Speiseplan auch berücksich­tige, was es gerade günstig zu haben gibt, sagt Riedle. Er verweist darauf, wie früher gewirtscha­ftet wurde. Dazu gehörte auch, nach Möglichkei­t alles in der Küche selber zu machen und auf Fertigprod­ukte zu verzichten. Das sei zwar personalin­tensiv, biete aber gleichfall­s Einsparmög­lichkeiten: Wenn weniger weggeworfe­n werde und Reste besser verwertet würden, spare man beim Einkauf.

Paul Bauer von der Firma Veit verweist aber auch auf den sozialen Charakter einer Kantine: „Wir wollen den Mitarbeite­rn in den Pausenzeit­en einen angenehmen Aufenthalt bieten, deshalb haben wir die Kantine kürzlich auch räumlich neu ausgestatt­et.“Die Kantine habe auch deswegen einen besonderen Stellenwer­t, weil das Unternehme­n hier ebenso Geschäftsp­artner bewir- tet, wie Bauer erwähnt. Viele davon kämen aus Asien. Da stößt das Regionalpr­inzip bisweilen auf Grenzen: Schweinefl­eisch, auch wenn es von auf Stroh gehaltenen Tieren stammt, sei da nicht immer die erste Wahl. Da seien vielmehr asiatische Gerichte gefragt, berichtet Bauer.

Zum Schluss noch ein Blick auf den gestrigen Speiseplan: In der Verwaltung­sschule konnte zwischen pochiertem Wels auf Wurzelgemü­se und gedämpften Kartoffeln und Kaiserschm­arrn mit Zwetschgen­röster als Hauptgeric­hte gewählt werden. Bei Veit gab es Schnitzel Wiener Art mit Pommes frites und Salat sowie Canneloni nach Art des Hauses mit Salat. Mahlzeit! OCoaching

Die nächste Coaching Run de für Kantinen startet übrigens im Ja nuar. Die ministerie­llen Leitlinien für die Betriebsga­stronomie sind im Internet auf www.ernaehrung.bayern.de zu finden.

Auch „Soulfood“steht auf dem Speiseplan

 ?? Foto: T. Jordan ?? Die Kantine der Verwaltung­sschule Holzhausen hat nach der Teilnahme an einem Coaching des Landwirtsc­haftsminis­teriums eine Urkunde erhalten. Das Bild zeigt (von links) Küchenchef Michael Born beim Steinpilze putzen, Azubi Patrick Anyanwu und die Küchenhilf­en Annemarie Schuster und Mila Schulze panieren Schnitzel.
Foto: T. Jordan Die Kantine der Verwaltung­sschule Holzhausen hat nach der Teilnahme an einem Coaching des Landwirtsc­haftsminis­teriums eine Urkunde erhalten. Das Bild zeigt (von links) Küchenchef Michael Born beim Steinpilze putzen, Azubi Patrick Anyanwu und die Küchenhilf­en Annemarie Schuster und Mila Schulze panieren Schnitzel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany