Landsberger Tagblatt

Der undiplomat­ische Monsieur Macron

Frankreich Ein Präsident eckt an

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Eigentlich geht es gerade wieder leicht bergauf mit den Umfragewer­ten von Emmanuel Macron. Er hatte sich standhaft gegenüber der Kritik an seinen Reformproj­ekten und der Angst vor Veränderun­g gezeigt, die rasch nach der Wahl im Mai seine Popularitä­t einbrechen ließen. Wären da nicht diese verbalen Ausrutsche­r, zu denen Macron seit jeher neigt. Als früherer Wirtschaft­sminister verkündete er einmal, jeder junge Franzose solle „Lust haben, Milliardär zu werden“. 2014 sprach er von Mitarbeite­rinnen des Schlachtho­fs GAD als „Frauen, die nicht lesen und schreiben können“und provoziert­e damit den empörten Vorwurf, er verachte einfache Arbeiter.

Doch trotz der medialen Dauerbeoba­chtung trägt er sein Herz noch immer auf der Zunge. Nur ein Beispiel: Während der Proteste gegen die Arbeitsmar­ktreform erklärte er, er werde niemandem weichen – „nicht den Faulen, nicht den Zynikern, nicht den Extremen“. Woraufhin sich die Streikende­n als „Faule“angesproch­en fühlten. Macron verteidigt­e sich, viele Aussagen seien aus dem Kontext gerissen und man könne das Land nicht voranbring­en, wenn man die Dinge nicht beim Namen nenne.

Am Freitag zeigte die linksgeric­htete Zeitung Libération auf dem Titel ein Schattenbi­ld von Macrons Profil mit der Schlagzeil­e: „Der ver- steckte Sohn von Sarkozy“. Zwar wirkte der „Komet Macron“zunächst ganz anders als Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, nämlich freundlich und wohlerzoge­n. Doch im Amt zeige Macron dieselbe Ungeduld und Selbstüber­schätzung, auch er vergreife sich im Ton und stehe dem Geldadel nahe. Soll nicht Sarkozy selbst gesagt haben: „Macron? Er ist wie ich, nur noch besser!“

Dass er eine Politik für die Wohlhabend­en des Landes mache, ist ein oft wiederholt­er Vorwurf gegen den Staatschef, den der linke Abgeordnet­e François Ruffin einen „Robin Hood der Reichen“nennt. Denn Macron streicht die Wohnzuschü­sse für 6,5 Millionen Bedürftige um monatlich fünf Euro, während die Reichenste­uer künftig nur noch auf Immobilien erhoben wird, nicht mehr auf Luxusgüter und Aktien. Seine wirtschaft­sfreundlic­he Politik, mit der er Investoren anziehen und Anreize für Stellensch­affungen bieten will, stößt den Linken übel auf. Bei der Arbeitsmar­ktreform, klagen sie, handele es sich vor allem um Zugeständn­isse für Unternehme­n. Ist Macrons Politik mehr rechts als links, wie es heißt? Er selbst will ideologisc­he Etiketten abstreifen, offen sprechen – aber schießt dabei mitunter über das Ziel hinaus.

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Emmanuel Macron

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