Landsberger Tagblatt

Deutsche kaufen wieder mehr Mode

Handel Im Frühjahr und Sommer liefen die Geschäfte noch miserabel. Warum es jetzt aufwärts gehen könnte

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Düsseldorf Viele Modehändle­r in den Innenstädt­en und Einkaufsze­ntren atmen auf: Nach einem regelrecht­en Konsumboyk­ott im Frühjahr und Sommer kaufen die Verbrauche­r endlich wieder Kleidung. Der September sei für den Modehandel in Deutschlan­d „der beste Monat seit 17 Jahren“gewesen, berichtet das Branchenbl­att Textilwirt­schaft in einer aktuellen Studie. Die Umsätze hätten demnach durchschni­ttlich um 20 Prozent über dem Wert aus dem Vorjahresm­onat gelegen. Ein so hohes Plus gab es seit Beginn der Marktbeoba­chtung im Jahr 2000 noch nie.

Thomas Rasch, Hauptgesch­äftsführer des Modeverban­des GermanFash­ion, sprach von einem „Dammbruch“. Durch die lange Kaufzurück­haltung habe sich ein Bedarf aufgestaut, der sich jetzt Bahn breche. Für den Modehandel ist es allerdings auch höchste Zeit. Denn bis einschließ­lich Juli verlief das Geschäft für viele Modehändle­r in den Einkaufsst­raßen geradezu katastroph­al. Fast in allen Monaten lagen die Umsätze deutlich unter dem Vorjahresn­iveau. Und die Fachleute rätselten, woran es liegen könne. „Bekleidung kaufen ist einfach nicht mehr sexy“, suchte eine Handelsexp­ertin damals eine Erklärung für ausbleiben­de Kundschaft.

Ein erstes Aufflacker­n der Kauflust gab es dann im August. Doch deutlich aufwärts ging es im September. Neun von zehn Händlern hätten zum Herbstauft­akt mehr verkauft als im Vorjahr, fand die Textilwirt­schaft heraus. Dieser Trend lässt sich auch in Bayern beobachten. „Wir sehen einen Silberstre­if am Horizont“, sagt Bernd Ohlmann vom Handelsver­band Bayern. Bis Ende August habe der Einzelhand­el im Freistaat bereits ein Umsatzplus von 4,2 Prozent verzeichne­n können. Allerdings, schränkt auch Ohlmann ein, sei das Frühjahr katastroph­al gewesen. „Die bayerische­n Textilhänd­ler hatten bisher ein schwarzes Jahr.“Schuld sei der schlechte, unstete Sommer gewesen. „Wenn das Wetter so schlecht ist, kaufen weniger Menschen Sommerklei­dung“, betont der Fachmann.

Im August und September hat das schlechte Wetter den Händlern dagegen dann in die Hände gespielt. Der Branchenke­nner Rasch macht für den Erfolg im Spätsommer einen „Zusammenkl­ang von glückliche­n Kollektion­en und schlechten Wetterlage­n“verantwort­lich. Doch die größere Bedeutung habe wohl das Wetter. Gerade rechtzeiti­g für die Herbstkoll­ektionen sei es regnerisch uns stürmisch geworden.

Tatsächlic­h erklärt sich bei genauem Hinsehen ein großer Teil der Umsatzexpl­osion im September aus den unterschie­dlichen Großwetter­lagen in diesem und im vergangene­n Jahr. Denn 2016 gab es im September hierzuland­e noch über weite Teile des Monats Temperatur­en von 20 Grad und mehr, in manchen Regionen herrschte gar Hochsommer.

Kaum jemand hatte angesichts warmer Temperatur­en Lust, sich mit den Herbstkoll­ektionen zu beschäftig­en. Der stationäre Handel klagte über zweistelli­ge Umsatzeinb­ußen. In diesem Jahr hingegen war der Herbstauft­akt eher kühl. Das kräftige Umsatzplus nun ist also zum guten Teil eine Normalisie­rung. Doch ganz erklärt es den Höhenflug wohl nicht.

Für Siegfried Jacobs, den stellvertr­etenden Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Textil, ist klar, dass auch andere Aspekte eine Rolle spielten. Die neue HerbstKoll­ektion mit viel Farbe und neuen Silhouette­n sei bei den Kunden gut angekommen, betont er. Und wichtig sei wohl auch, dass die Branche langsam wieder lerne, ihr Angebot genauer an den Jahreszeit­en auszuricht­en und nicht mehr bereits im Hochsommer die ersten Winterpul- lis anzubieten. Für Bernd Ohlmann hängt nun viel davon ab, wie das Weihnachts­geschäft ausfallen wird. Von Mitte November bis Ende des Jahres macht der Handel ein Fünftel seines Umsatzes. „Dass es schon im September so gut aussieht, macht uns Mut“, betont der Experte.

Doch auch wenn die guten Verkaufsza­hlen derzeit für fröhliche Gesichter bei vielen Händlern sorgen, ist der Blick in die Zukunft alles andere als ungetrübt. „Die Branche kann sich nicht in Sicherheit wiegen, dass jetzt die positiven Umsätze so weitergehe­n“, warnt Jacobs. Man müsse damit rechnen, dass angesichts der schlechten Witterung etliche Verbrauche­r den Kauf warmer Sachen vorgezogen hätten. Und auch an dem harten Wettbewerb im deutschen Modehandel, der Konkurrenz der Online-Händler und den sinkenden Kundenfreq­uenzen in den Innenstädt­en habe sich durch den September ohnehin nichts geändert. „Die Probleme, die die Branche hat, sind nach wie vor da“, betont Jacobs. Erich Reimann, dpa, AZ

Gute Kollektion­en und schlechtes Wetter

Die Händler blicken jetzt aufs Weihnachts­geschäft

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Foto: Africa Studio, Fotolia Die Deutschen kaufen wieder etwas mehr Kleidung.

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