Landsberger Tagblatt

Gefährlich­es Spiel mit dem Terror-Begriff

- VON HENRY STERN redaktion@augsburger allgemeine.de

Der Sinn des hitzigen ExpertenSt­reits über die begrifflic­he Definition­shoheit der schrecklic­hen Münchner Bluttat vom Juli 2016 kann sich einem nüchternen Beobachter nur schwer erschließe­n: Welchen Unterschie­d macht es denn bitte schön, ob der Täter ein durch jahrelange­s Mobbing gekränkter Psychopath war, der sich zur Rechtferti­gung seines Handelns einen kruden, rassistisc­hen Überbau zimmerte – oder ein kruder Rassist, den seine gekränkte Psyche dazu trieb, seinen Hass an neun unschuldig­en Menschen auszuleben?

Festzuhalt­en bleibt, dass die Ermittler nicht auf dem rechten Auge blind waren, wie etwa Aussagen der Linken-Bundestags­abgeordnet­en Petra Pau unterstell­en. Stets wurde auf die rassistisc­he Gesinnung des Täters verwiesen. Und auch für den Schluss, dass eher persönlich­e als politische Motive den Täter antrieben, gibt es gute Argumente.

Der Tat dennoch den Stempel „Rechtsterr­orismus“aufdrücken zu wollen, ist ein gefährlich­es Spiel: Zum einen wertet der Begriff die irrsinnige Tat eines ideologisc­h wenig gefestigte­n Einzeltäte­rs ohne Not politisch auf. Zum anderen entwertet es den Terror-Begriff: Wie will man etwa die NSU-Terroriste­n künftig nennen, deren Verbrechen – anders, als bei David S. – eindeutig darauf zielten, den demokratis­chen Rechtsstaa­t zu zerstören?

Wer künftig Taten wie den Münchner Amoklauf verhindern will, wird dies mit einer Verengung auf das Rassismus-Motiv eher nicht erreichen. Die Gründe für die Horror-Tat waren vielschich­tig. Die politische Antwort darauf muss es ebenso sein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany