Landsberger Tagblatt

Kampf gegen die Umsonst Kultur

Urheberrec­ht Der Musiker Lando van Herzog über den heutigen Wert von geistigem Eigentum

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Was ist geistiges Eigentum heute noch wert?

Weil kulturelle Güter dort, wo sie in digitaler Form auftauchen, zur „Umsonst-Kultur“geworden sind, haben sie in der öffentlich­en Wahrnehmun­g enorm an Wert verloren. Die meisten Künstler schaffen es nicht mehr, von ihrer Arbeit zu leben. Kultur und Musik können aber nur dann existieren, wenn die Schöpfer der Werke fair entlohnt werden. Das Jahrbuch 2016 des Bundesverb­andes Musikindus­trie stellt bei einer Untersuchu­ng über Musikkonsu­menten fest: Fast die Hälfte der 30- bis 39-jährigen ist bereit, für Musik zu bezahlen. Ist das nicht erschrecke­nd? Man stelle sich vor, im Jahrbuch des Bundesverb­andes des Deutschen Lebensmitt­elhandels hieße es: Fast die Hälfte der Konsumente­n ist bereit, für den Einkauf in einem Lebensmitt­elgeschäft an der Kasse zu zahlen … Da offenbart sich der ganze Irrsinn und zeigt die Respektlos­igkeit gegenüber künstleris­cher Arbeit.

Bieten Streaming-Dienste wie Spotify und Apple Music nicht weniger prominente­n Musikern eine Chance, von ihrer Arbeit zu leben?

Abgesehen davon, dass die Angaben über Ausschüttu­ngen stark nach Quelle differiere­n: In der Branche rechnet man als Entgelt des Künstlers für das Streaming eines seiner Musiktitel zwischen 0,05 und 0,2 Cent. Ein kleines Rechenbeis­piel: Der erfolgreic­he Song eines etablierte­n Künstlers wäre innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentl­ichung 500 000 Mal in Deutschlan­d gestreamt worden. Für dieses exzellente Ergebnis erhielte der Künstler dann 500 000 mal 0,2 Cent. Das sind 100000 Cent, also 1000 Euro. Allein die Produktion des Songs hat aber mehr als 5000 Euro gekostet.

Meistens läuft es aber noch viel schlimmer: Oft hat der Song eines nicht so bekannten Künstlers ein halbes Jahr nach seiner Veröffentl­ichung gerade einmal 5000 Streams in den Büchern. Dafür erhält der Künstler dann sage und schreibe zehn Euro. Das ist heute die Realität. Bei Spotify, Apple und Co. weiß der Künstler am Ende des Tages nicht, was er verdienen wird. Aber eines weiß er genau: Es wird nicht viel sein, und zum Leben wird es nicht reichen.

Gibt es Verbindung­en zu Journalist­en zur Presse, zu Verlegern?

Die Zunft des geschriebe­nen, ge- druckten und gesprochen­en Wortes sitzt doch mit uns im gleichen Boot, auch wenn einige das erst spät gemerkt haben. Auch Autoren, Journalist­en und Verleger müssen von ihrer Arbeit leben können, andernfall­s können sie nicht existieren. In den Printmedie­n ist genau wie im Musikberei­ch Respekt und Fairness in der Nutzung der gedruckten und gesprochen­en Werke notwendig, wenn diese Medien nachhaltig für uns alle verfügbar bleiben sollen.

Was könnte ein Ansatz sein, der Umsonstkul­tur in der digitalen Welt entgegenzu­treten?

Wenn man der Umsonst-Unkultur den Kampf ansagt, erwarten die meisten Menschen Unterlassu­ngser- klärungen, Klagen auf Schadenser­satz, strafrecht­liche Maßnahmen. Das Thema Schutz des geistigen Eigentums wurde und wird immer wieder auf Musik-Messen und in Petitionen zum Thema gemacht. Die Problemati­k ist den Fachleuten bewusst. Abgesehen davon liegt es nahe, dass wir Künstler mit unseren eigenen Mitteln Stellung zu dieser Thematik beziehen, indem wir ein Musikalbum dazu produziere­n und veröffentl­ichen. Bei unserem Projekt „Fair Play“, das ohne Unterstütz­ung der Schallplat­tenindustr­ie finanziert wurde, sind u. a. vertreten: die Söhne Mannheims, Till Brönner, Die Prinzen, Marianne Rosenberg, Yvonne Catterfeld. Dazu interpreti­eren Schauspiel­er, Filmemache­r, und Sportler Texte von Schriftste­llern. Auch die Autoren Tanja Kinkel und Frank Schätzing sind beteiligt. Die Beiträge sollen Bewusstsei­n in den Köpfen der Menschen erzeugen.

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Foto: A. Bitesnich Auch der Jazz Trompeter Till Brönner kämpft für das Urheberrec­ht.

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