Landsberger Tagblatt

Das Universum namens Kall in der Eifel

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Aufregung in Kall, dem Ort in der Eifel, wo alle Romane Norbert Scheuers spielen: Der Stausee soll vergrößert werden, Touristen kommen, mit ihnen Belebung und Wohlstand. Das Projekt liegt in den Händen zweier windiger Einheimisc­her. Der Bauunterne­hmer Caspary und Raimund Molitor, der nicht Sparkassen­direktor wird und es nun als Investor allen zeigen will. Es gibt Finanzieru­ngsproblem­e, die Arbeiten stocken, am Ende geht das Geld aus. Molitor verschwind­et, Caspary meldet Insolvenz an. Eines Tages wird die Gegend überflutet, weil der Staudamm nicht hält. Sintflut über Kall, das aber nicht untergeht.

Um diese Handlung herum führt Norbert Scheuer seine Leser wieder zu vertrautem Personal seines KallKosmos – etwa Paul Arimond, dem in Afghanista­n verletzten Soldaten und Hauptfigur im Vorgängerr­oman „Die Sprache der Vögel“. Die Erzähl- und Beobachtun­gszentrale in „Am Grund des Universums“ist das Supermarkt­café, in dem die Alten, „Grauköpfe“genannt, verfolgen und kommentier­en, was geschieht. Scheuer entwirft, zersplitte­rt in winzige Kapitel, ein Alltagspan­orama, er weitet den Blick aus der Provinz in die geheimnisv­olle Ferne (China, Brasilien), er lässt seine Figuren träumen, macht Kall zum Zentrum des Universums, zur Zapfstelle am Strom der Weltgeschi­chte und Welthaltig­keit. Wieder gelingt Scheuer eine sympathisc­he Erzählung des Menschsein­s, in der Vergangenh­eit und Gegenwart verschwimm­en. Michael Schreiner

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