Die Wahrheit wird von der Politik gemacht
O Amerika, du Land der Freiheit! Hier, denkt Feng Danlin, kann er im Gegensatz zu seiner Heimat als Journalist die Wahrheit schreiben – und keiner kann ihn dafür bestrafen, selbst wenn es um Machenschaften in China geht. Gut, es mag ungünstig sein, dass das Komplott, das er als Kolumnist eines chinesischen Exilanten-Magazins in New York aufdeckt, sich ausgerechnet um Yan Haili dreht. Diese Frau gibt mit großem völkerverbindenden PR-Getöse vor, als Witwe eines beim Terror von 9/11 getöteten Bilderbuchamerikaners ihre Lebens- und Liebesgeschichte aufzuschreiben und damit sogar Hollywood und das Weiße Haus zu begeistern – all die Lügen aufzudecken, fällt Feng Danlin sogar ziemlich leicht. Aber Haili ist eben seine Ex-Frau, die ihn fallen hat lassen, als er es Jahre nach ihr auch in die USA geschafft hatte. Und sie verfügt nun über mächtige Fürsprecher in China. So gerät seine Aufdeckung zunächst zur Schlammschlacht, dann aber vor allem zum Politikum. Und die bringt nicht nur die Existenz des Journalisten und des ganzen Magazins ins Wanken – sondern auch seinen Glauben an das Land der Freiheit zum Einsturz. Der lange Arm Pekings, er reicht ganz diplomatisch sehr weit…
„Der Unruhestifter“ist eine so süffige wie bittere Satire. Gut, aber nicht in der Klasse anderer Bücher, für die der selbst in die USA emigrierte und inzwischen in Boston Literatur lehrende Ha Jin mit Pen- bis National-Book-Award hochdekoriert wurde. Wolfgang Schütz