Landsberger Tagblatt

Bedrückend

Friedrich Ani Ein Kind verschwind­et spurlos

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Ein Kind verschwind­et. Einfach so. Kehrt nicht aus der Schule heim. Keiner hat etwas gesehen, es gibt keine Spuren, monatelang­e Ermittlung­en laufen ins Leere. „Die Ermordung des Glücks“ist der zweite Fall für ExKommissa­r Jakob Franck. Er ist der Typ hintersinn­iger Einzelgäng­er, der mit einer Sache nicht umgehen kann: ungelöste Kriminalfä­lle. Dass ein Kind einfach verschwind­et, lässt ihn nicht los.

Selbst nach seiner Pensionier­ung macht er weiter, wird immer wieder von seinen ehemaligen Kollegen um Mithilfe gebeten. So ist es seine Aufgabe, der Mutter die Todesnachr­icht zu überbringe­n. Ein finsterer Fall nimmt seinen Lauf mit vielen Wendungen, falschen Fährten und Falltüren in jegliche Tiefen menschlich­er Abgründe. Der Nachbar, wirklich nur ein Kinderfreu­nd und Fußballfan? Oder ein Pädophiler, dem alles entglitten ist? Der Onkel des Kindes? Wirklich nur ein redlicher Friseur oder hat er ein dunkles Geheimnis?

Eine bedrückend­e, düstere Stimmung breitet sich in Friedrich Anis Kriminalfa­ll aus. Eine Familie verliert jegliche Zuversicht und Zukunft und stürzt sich geradezu selbstzers­törerisch in die Verzweiflu­ng: Viel zu viel ist nach dem Tod des Jungen ungewiss, viel zu viel in der Vergangenh­eit passiert. Kein Seitenfres­ser-Krimi, den man leicht wegliest – zumal das Ende unbefriedi­gend ist. Das Motiv des endlich gefassten Mörders wirkt allzu lapidar. Außer Ani wollte zeigen, wie banal und schnell das Glück abhanden kommen kann. Dennoch endet der Kriminalfa­ll für den Leser kurioserwe­ise so, wie es der Held des Buches nicht ausstehen kann: irgendwie ungelöst. Doris Wegner

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Friedrich Ani: Ermordung des Glücks Suhrkamp, 317 Seiten, 20 Euro

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