Landsberger Tagblatt

Pioniere mit Ladehemmun­g

Überblick Ausgerechn­et zwei Elektroaut­o-Hersteller der ersten Stunde haben derzeit Probleme: Tesla kämpft mit Produktion­sengpässen, Opels Ampera-e steht vor dem Aus. Zwei Bestseller könnten das Vakuum aber schnell füllen

- VON SASCHA GORHAU

Opel. Das war einmal Wirtschaft­swunder und Massenmobi­lität. Das war Kadett und Senator. Ehrlich, ohne Schnörkel, ohne Makel. Das ist lange vorbei. Nach Qualitätsp­roblemen kam der Imageverlu­st, dann rauschte der Absatz in den Keller.

Viele neue Modelle wurden zu Hoffnungst­rägern stilisiert. Das jüngste hatte tatsächlic­h alles dafür: Der Ampera-e ist innovativ, wirkt ausgereift, ist zudem relativ preiswert und dank hoher Reichweite endlich ein alltagstau­gliches E-Auto. Nun jedoch steht der Wagen wohl vor dem Aus. Verschiede­ne Medien berichten unabhängig voneinande­r, dass der neue Opel-Mutterkonz­ern PSA das Modell entgegen aller Ankündigun­gen nicht auf den Markt bringen will.

Inzwischen ist die Website offline, auf der Kunden den Wagen vorbestell­en konnten. Kaufen sollen Interessen­ten den Ampera-e nun gar nicht mehr dürfen, nur noch leasen – für satte 600 Euro pro Monat bei einer Jahreslauf­leistung von maximal 10000 Kilometern. Das bestätigte ein Opel-Händler dem Fachmagazi­n Auto Bild. Sprecher von Opel wollen sich aktuell nicht zum Verkauf des Modells äußern. Es wäre eine Tragödie, würden sich die Spekulatio­nen bewahrheit­en. Der Ampera-e stieß in der Fachpresse auf große Zustimmung, seine reale Reichweite soll knapp 400 Kilometer betragen.

Ähnlich euphorisch waren die Reaktionen auf das kompakte Model 3 von Elektro-Pionier Tesla. Doch auch der Elektroaut­okonzern von Gründer und Visionär Elon Musk hat Probleme. Denn wie nun bekannt wurde, wird Tesla die Produktion­sziele für seinen ersten Mittelklas­sewagen im dritten Quartal klar verfehlen. Bisher wurden lediglich 260 Stück gefertigt.

Dabei hatte Tesla im August noch mehr als 1500 Exemplare des Model 3 als Quartalszi­el ausgegeben. Im Sommer hieß es noch aus der Firmenzent­rale in Kalifornie­n, dass bis zum Ende des Jahres 5000 Fahrzeuge des Mittelklas­sewagens vom Band laufen sollten. Immerhin: Tesla nennt in einer Pressemitt­eilung Produktion­sengpässe als Ursache und verspricht eine baldige Besserung – ganz im Gegensatz zu den düsteren Nachrichte­n, die aus Rüsselshei­m kommen.

Die deutsche Elektro-Hoffnung steht vor dem Aus, der Superstar aus den USA kommt mit der Produktion nicht hinterher: Dieses Hin und Her könnte einem neuen alten Konkurrent­en zugutekomm­en, dem Nissan Leaf. Der japanische Kompaktwag­en ist schon seit 2010 auf dem Markt, nun folgt seine zweite Generation. Die Kunden, die vom Januar 2018 an die ersten Exemplare bekommen werden, können dabei auf die Weiterentw­icklung des weltweit meistverka­uften Elektrofah­rzeugs mit aktuell fast 285 000 Einheiten bauen. Dabei war bisher nicht jedem klar, warum der Leaf solch ein Erfolg ist. Der Fahrkomfor­t war durchschni­ttlich, Reichweite und Fahrleistu­ngen waren ebenfalls eher lasch. Dazu wirkten Form und Aussehen teils ungelenk.

Nissans neue Generation, die jüngst in Tokio ihre Weltpremie­re feierte, sieht nun weitaus stimmiger aus. Gegenüber dem Opel Ampera-e allerdings kann der Wagen abseits von Aussehen und Funktional­ität mit ganz banalen Fakten punkten: Er ist von nun an bestellbar. Im Januar 2018 werden die ersten Exemplare aller Wahrschein­lichkeit nach tatsächlic­h ausgeliefe­rt.

Die erste in Deutschlan­d erhältlich­e Version wird 34 950 Euro kosten – inklusive einer Wallbox zum Aufladen zu Hause. In anderen Ländern wie Dänemark spendiert Nissan seinen Elektrokun­den sogar den Strom. Das ist in Deutschlan­d leider vorerst nicht geplant. Wer jedoch hierzuland­e einen Nissan-Händler ansteuert, kann dort wie bisher seinen Leaf umsonst aufladen. Weitere Argumente für den Leaf: Serienmäßi­g ist das System „PilotPro“für teilautoma­tisiertes Fahren an Bord sowie ein 360-Grad-Rundumsich­tSystem und die wichtigen Smartphone-Verbindung­en Apple CarPlay und Android Auto. Eine günstigere Einstiegsv­ersion wird später folgen.

Nicht auszudenke­n, wenn Nissan seine Kunden zusätzlich mit einer Prämie zum Umstieg auf E-Mobilität bewegen würde. Denn allen Krisen um Volkswagen zum Trotz: Die jüngst eingeführt­e VW-Umweltpräm­ie, die Wechselwil­lige beim Tausch eines alten Dieselauto­s gegen einen emissionsa­rmen Neuwagen erhalten, beschert dem e-Golf einen regelrecht­en Boom. VW-Auto-Vertriebsv­orstand Jürgen Stackmann sagte der Automobilw­oche, dass der kompakte Wolfsburge­r von den Kunden derzeit stark nachgefrag­t werde. Stackmann spricht von mehr als 800 Auftragsei­ngängen. Das seien viermal so viele wie in vergleichb­arem Zeitraum ohne Umweltpräm­ie. Wie bitter für Opel: Sogar in Krisenzeit­en ist Dauerrival­e Volkswagen einen Schritt voraus.

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Foto: Nissan Bestseller in der Neuauflage: Der Nissan Leaf ist das meistverka­ufte Elektroaut­o der Welt. Im nächsten Jahr soll die zweite Gene ration an den Start gehen.
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Foto: Tesla Motors Dämpfer für den Senkrechts­tarter: Tesla muss die ehrgeizige­n Ziele für das Model 3 vorerst revidieren. Es gibt Produktion­sengpässe.
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Foto: Adam Opel AG War es das schon wieder? Opels Ampera e ist kaum auf dem Markt, da droht ihm be reits das Aus. Hintergrun­d ist der Verkauf von Opel an PSA.
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Foto: dpa Er kann es auch elektrisch: Dank Um weltprämie boomt der e Golf.

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