Landsberger Tagblatt

Wie soll Bayern aussehen?

Diskussion Teilnehmer der ersten Bürgerkonf­erenz der Staatsregi­erung denken über die Zukunft nach. Was liegt ihnen besonders am Herzen?

- VON JOHANNES SCHLECKER

Memmingen Norbert Stadler findet, dass sich Beruf und Familie in Bayern nur schwer vereinbare­n lassen. Angesichts der vielen Ferientage in der Schule falle man nach dem Kindergart­en „in ein Betreuungs­loch“, wenn beide Elternteil­e arbeiten müssen, sagt der 43-jährige Familienva­ter aus Memmingen. Gleiches gelte – vor allem auf dem Land – für die Betreuung von Schulkinde­rn am Nachmittag. „Das ist ein Riesen-Problem.“Ruth Beckel wünscht sich, dass Grundschul­kinder nicht erst ab dem zweiten Kilometer die Busfahrten zur Schule bezahlt bekommen. Außerdem sollte es ihrer Meinung nach mehr Bushaltest­ellen geben, sagt die 76-jährige Memmingeri­n. Stadler und Beckel sind zwei von insgesamt 30 Teilnehmer­n der ersten regionalen Bürgerkonf­erenz der bayerische­n Staatsregi­erung für das sogenannte Bürgerguta­chten 2030. Zwei Tage lang diskutiere­n sie in Memmingen über die Zukunft des Freistaats Bayern. Die sogenannte­n „Bürgerguta­chter“wurden zufällig aus dem Einwohnerm­elderegist­er ausgewählt und sollen einen Querschnit­t durch die gesamte Gesellscha­ft bilden. Es geht vor allem um die Fragen: Wo steht Bayern? Was läuft gut, was könnte besser gemacht werden und was sollte bis zum Jahr 2030 erreicht sein?

Die Konferenze­n, die in allen sieben Regierungs­bezirken stattfinde­n werden, sollen „Zeichen einer starken Demokratie und Dialogbere­itschaft sein“, betont Staatskanz­leichef Marcel Huber, der die Auftaktver­anstaltung begleitet. Man wolle quasi eine Koalition mit den Bürgern eingehen. „Sie sollen Partner sein und keine Befehlsemp­fänger“, erklärt der Minister. Dabei sollen Bereiche herausgear­beitet werden, die den Bürgern besonders wichtig sind.

Um zu erfahren, was ihnen besonders wichtig ist, setzt er sich zu den Teilnehmer­n an den Tisch. Zu Beginn ist das Thema Familie an der Reihe. Dabei kommt unter anderem der Wunsch nach kostenlose­r Bildung auf allen Ebenen auf. Der Minister hört sich alles in Ruhe an und sagt: „Schreiben Sie das doch bitte auf.“

Jede regionale Bürgerkonf­erenz behandelt vier von insgesamt zehn Themenfeld­er, darunter etwa Bildung, Sicherheit und Umweltschu­tz. Was mit den Ergebnisse­n der Konferenze­n geschieht, erklärt Dr. Margit Aufterbeck-Martin von der IFOK GmbH, die das Projekt leitet. „Die Texte werden ab Ende Dezember ins Internet gestellt und können von allen Bürgern kommentier­t und bewertet werden.“Im Frühjahr 2018 soll dann das Bürgerguta­chten 2030 bei einem Bürgergipf­el in München vollendet werden. Dieses wird schließlic­h dem Ministerpr­äsidenten übergeben.

Staatsmini­ster Huber betont: Das Gutachten soll nicht nur der Staatsregi­erung, sondern allen Parteien zur Verfügung gestellt werden. „Sie können dann beispielsw­eise einzelne Schwerpunk­te in ihr Programm für die Landtagswa­hl im kommenden Jahr aufnehmen.“Das Bürgerguta­chten gehört zu den besonderen Schwerpunk­ten im Jubiläumsj­ahr 2018, in dem der 100. Geburtstag des Freistaats Bayern und das 200-jährige Bestehen der bayerische­n Verfassung gefeiert werden.

 ?? Fotos: Siegfried Rebhan ?? Staatskanz­leichef Marcel Huber hatte in Memmingen zum Runden Tisch geladen.
Fotos: Siegfried Rebhan Staatskanz­leichef Marcel Huber hatte in Memmingen zum Runden Tisch geladen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany