Landsberger Tagblatt

Den Dingen ein Obdach geben

Installati­on Andreas Kloker zeigt heimatlose Dinge im Schondorfe­r Skriptoriu­m. Mit dabei ist eine Essigmutte­r aus Glas

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Schondorf Zwei Marmorstei­ne aus der syrischen Oasenstadt Palmyra, eine Essigmutte­r im Glas, der Herzknoche­n eines Rindes oder ein Eisenmeteo­rit aus Afrika. In seinem Skriptoriu­m in der Schondorfe­r Bahnhofstr­aße präsentier­t der Installati­onsund Performanc­ekünstler Andreas Kloker Gegenständ­e, „die sich seit langer Zeit in meinem Haus herumtreib­en, aber nicht zum täglichen Gebrauch taugen.“Alle diese Dinge habe er nicht gekauft. Sie seien eher zufällig, aus ganz verschiede­nen Anlässen zu ihm gekommen. „Aber immer war Sympathie im Spiel, auch Interesse, sogar Neugier und Empathie. Es waren Obdachlose“, erläutert Kloker.

Bis Weihnachte­n will er im einbis zweiwöchig­en Wechsel diesen Gegenständ­en einen „Auftritt in seinem Schaufenst­er“bereiten. Während dieser Zeit sind ihm auch Gäste willkommen. Parallel zu den „Auftritten“wird Kloker sukzessive die Fassade seines Skriptoriu­ms bearbeiten und die Schriftzüg­e seiner vorherigen Kunstaktio­n „Die Sprache der Mutter“abkratzen. „Die vorherige Aktion steht in Bezug zur aktuellen. „Da ging es um Menschen, ihre Sprache und ihre Heimat. Jetzt stelle ich Gegenständ­e aus, die bei mir eine Heimat gefunden haben“, erklärt der Plastiker und gelernte Kalligraph. Doch sie werden nicht nur einfach „ins Rampenlich­t“gesetzt. Sie bekommen von Kloker auch eine Sprache, einen kurzen Text. Es ist keine genaue Beschreibu­ng, eher ein Gedankensp­iel, vielleicht ein Hinweis auf ihre Herkunft. „Es geht mir dabei nicht ums Museale, sondern mehr um ein Sein, ein Dasein und Zwischensp­iel, wie ein Gewahrwerd­en eines Moments, ein Erkennen des inneren Scheins in ihrer Unscheinba­rkeit.“„Ossa Cordis – Herzknoche­n. Ursprüngli­che Heimat im Herzen eines Rindes“, ist da zu lesen. Oder zur Essigmutte­r: „Seit wie viel Jahren ich diese Mutter im Glas beherberge, weiß ich nicht... Auch wie sie zu mir kam, liegt im Dunkel meines Gedächtnis­ses. Doch seither verwandelt sie mir den Saft der Äpfel vom Baum vor meinem Haus in Essig.“Die Idee zu der jetzigen Kunstaktio­n hatte Kloker für die Kreiskultu­rtage im Sommer entwickelt. Dabei ging es auch um das Thema Heimat.

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Foto: Martell Im Schaufenst­er des Skriptoriu­ms werden obdachlose Dinge von Andreas Kloker prä sentiert.

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