Neue Misstöne vor Beginn der Jamaika Gespräche
Flüchtlinge Grüne attackieren Kompromiss der Union. Erste Treffen in der nächsten Woche
Augsburg/München Gut eine Woche vor den ersten Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition in Berlin wird der Ton im Streit um die Asylpolitik schärfer. Mit ihrer Übereinkunft, nach der Deutschland nur noch 200 000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen soll, hätten CDU und CSU „willkürlich“eine Zahl gegriffen, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, gegenüber unserer Zeitung. Wörtlich sagte er: „Wir stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik.“Dazu gehöre für seine Partei „insbesondere“der Familiennachzug, den die Union für einen großen Teil der Flüchtlinge weiter aussetzen will.
Ob die Gespräche über eine Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen daran scheitern können, ließ Hofreiter offen. Am Ende „kann es ein Ergebnis geben – oder auch nicht“. Grünen-Chef Cem Özdemir geht davon aus, dass in der Zuwanderungspolitik was anderes rauskommen wird als das, worauf die Union sich geeinigt hat. Auch die FDP verlangt Korrekturen. Generalsekretärin Nicola Beer bekräftigte die Forderung ihrer Partei nach einem Einwanderungsgesetz. Die Unionsparteien wollen nur ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte.
Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte gestern an, dass ab Mittwoch kommender Woche die Möglichkeiten einer Koalition von CDU/CSU, FDP und Grünen in Zweiergesprächen sondiert werden. Zwei Tage später sollen alle vier Parteien erstmals gemeinsam reden. Die Einigung in der Zuwanderungspolitik nannte sie einen „klassischen Kompromiss“zwischen CDU und CSU. „Jede Seite ist aufeinander zugegangen.“CSU-Chef Horst Seehofer sah darin ein tragfähiges „Kursbuch“für die Flüchtlingspolitik der kommenden Jahre.
CSU-Politiker aus der Region zeigten sich zufrieden. Der VizeParteichef und Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl sagte auf Anfrage: „Da ist gute Arbeit geleistet worden.“Er habe persönlich nicht erwartet, „dass in dieser Klarheit Aussagen und Regelungen getroffen werden“. Nach Ansicht der oberbayerischen CSU-Bezirksvorsitzenden Ilse Aigner ist jetzt „sichergestellt, dass sich das Maß an Zuwanderung an der Leistungsund Aufnahmefähigkeit der heimischen Gesellschaft misst“. Der schwäbische CSU-Bezirkschef Markus Ferber sprach von „einer guten Verhandlungsgrundlage für CDU und CSU“. Jetzt komme es darauf an, dies vor allem den Grünen gegenüber zur Geltung zu bringen. CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer betonte, dass die Zahl der Zuwanderer unter 200000 pro Jahr gehalten werden kann, „wenn wir das alles umsetzen, was wir vereinbart haben“.
„Eine verkappte Obergrenze für die Zuwanderung“von Walter Roller.
Wie der Kompromiss zustande kam und was drin steht. +++ War das Seehofers Rettung?