Von Blues bis Rock ’n’ Roll
Unterhaltung Bei der sechsten Auflage der Musiknacht verwandelt sich Dießen wieder in einen klingenden Ort. In Gaststätten, Bars, Kneipen und anderen Locations steppt der Bär
Dießen Wenn die Altweiber ihren Sommer großzügig verschenken an diesem Samstagabend, dann ist eindeutig, dass sie offensichtlich leidenschaftliche Anhänger von unterschiedlichen Genres wie Rock, Funk, Jazz, Soul, Reggae, Folk und mehr sind. Jedenfalls ist das Klima angenehm lau für einen SpätherbstTag, kein einziger Tropfen Regen fällt, der Dießen zwischen 19 Uhr und Mitternacht belästigen würde.
In genau dieser Zeitspanne findet die „Musiknacht“in der Marktgemeinde statt. Die Grundidee des Spektakels überzeugt zum bereits sechsten Mal: Für den Erwerb eines Bändchens zum Preis von zwölf Euro im Vorverkauf sowie für Kurzentschlossene an der Abendkasse von 14 Euro hat der Besucher die Möglichkeit, ein Dutzend Bands in ebenso vielen Locations live zu bestaunen.
Die Zahl der verkauften Bändchen ist auf 1400 Stück limitiert. „Mehr wollen wir nicht anbieten“, erklärt ein erschöpfter, aber glücklicher Johannes Dornhofer nach dem großen Event. Der 55-jährige Dießener ist mit Claus Lehmann Initiator der Musiknacht, die von Sponsoren getragen wird. „Wenn mehr Bändchen im Umlauf wären, ginge das Flair der Veranstaltung verloren. Dann wären alle Lokale, die Bühnen zur Verfügung stellen, hoffnungslos überfüllt, es gäbe Gedrängel anstatt einer entspannten Atmosphäre. Das wollen wir vermeiden.“
Wobei: Es existiert durchaus Gedrängel in der einen oder anderen Lokalität – je nachdem, zu welcher Zeit man sich an welchem Ort aufhält. Denn das Konzept sieht vor, dass jeder beteiligte Künstler über die Nacht verteilt vier Sets à 45 Minuten absolviert, dazwischen Pausen von 15 Minuten einlegt, in denen die Besucher entweder zum nächsten Schauplatz weiterziehen oder aber auf ein Getränk beziehungsweise einen Snack verweilen.
Zwölf Stationen in fünf Stunden, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln – das bedarf eines ordentlichen Schuhwerks. Im „Schützengarten“, Station Nummer eins, ist die Bühne zu klein, um die sechs wilden Musiker von Sentilo Sono unterzubringen. Deshalb werden Trompeter und Posaunist neben die Bühne „ausgelagert“. Was die heftige Mixtur aus Ska, Punk und vor allem Reggae, gepaart mit charmanten deutschen Texten fürs euphorisch tanzende Publikum noch druckvoller gestaltet. Ganz andere Klänge im „Café Süßwahn“, wo sich das Duo Marelle entspanntem Bossa nova und erotisierendem Chanson verschrieben hat.
Während sich Sängerin Elle Czischek, in atemberaubend-transparentem feuerrotem Kleid, ganz im Stil von Juliette Greco versucht, spielt ihr Markus Mähner an Gitarre, Bass und Loopmaschine die flirrenden Klänge zu.
„La Gondola“-Wirt Mario Arbia beteiligt sich erstmals an der „Musik-Nacht“, er hat den Italo-Augsburger Domenico Salerno engagiert – ein Charmeur mit keckem Hut und blütenweißem Jackett. Allerdings tritt er nicht im Restaurant, sondern gegenüber in einer kleinen Halle namens „Pop-Up“auf. Im „Maurerhansl“steppt mit „Troublemaker’s Riot“der Rock’n’-Rollund Rockabilly-Bär. Weiter ins „Jugendzentrum“, wo einem beim Eintritt mit voller Wucht Steppenwolfs Klassiker „Born To Be Wild“entgegendröhnt, dicht gefolgt vom Deep-Purple-Gassenhauer „Smoke On The Water“. Die Stoßrichtung des Quintetts „Roxxdoxx“ist klar: Rock-Covers auf Dampfhammer-Niveau.
Ganz anders im nahegelegenen Autohaus Schürer. Gleich 13 beswingte Musiker namens „Stabil“teilen sich hier die Bühne – und räumen ganz in LaBrassBanda- oder auch „The-Commitments“-Manier so richtig ab. Weiter ins „Blaue Haus“, in dem mysteriöser „Virtuoso-Rock“vom Quartett The Finest Four angekündigt ist. Virtuos ist dieser Sound, alldieweil verankert im großen Kosmos von Sting, Miles Davis und Paolo Conte. Zum Abschluss kurz vor Mitternacht noch allerprächtigste Laune im „Unterbräu“bei den alten Rock & RollHasen der Rootbootlegband. Bei denen ist es wichtig, die „Blue Suede Shoes“, wie sie Carl Perkins einst besungen hat, im Gepäck zu wissen.