Landsberger Tagblatt

Was Totengräbe­r gar nicht mögen

Traditions­treffen Einmal im Jahr kommen Kollegen aus dem Bestattung­swesen aus ganz Oberbayern zusammen. Dieses Mal tauschten sie sich in Weil aus. Über einen uralten Beruf, der sich mit der Zeit verändert hat

- VON WALTER HERZOG

Weil Mit bayerische­r Gemütlichk­eit lässt es sich gut beschreibe­n, wenn man als außenstehe­nder Beobachter die Stimmung beim jährlichen Totengräbe­rtreffen aufnimmt. Einfach „griabige“Leute, bodenständ­ig und mit einem spürbar unverkramp­ften Verhältnis zum Leben und zum Tod. Seit über 30 Jahren treffen sich die Totengräbe­r traditions­gemäß am Kirchweihm­ontag. Angefangen hat es in Kreuth am Tegernsee, so ist es aus dem Kreis der Teilnehmer zu erfahren. Jedes Jahr lädt ein anderer Berufskoll­ege zum Treffen ein. In diesem Jahr hat Rainer Aschenbren­ner das 34. Treffen in Weil im Gasthaus Zur Post organisier­t.

Zum Auftakt gibt es ein Weißwurstf­rühstück. Die Bürgermeis­ter Christian Bolz aus Weil und Johannes Erhard aus Penzing begrüßen die Gäste, vorwiegend aus oberbayeri­schen Gemeinden. Aber auch aus Österreich und Südtirol sind

Die Bürgermeis­ter zahlen die Zeche

Totengräbe­r angereist. Zum guten Ton gehört es, dass die Bürgermeis­ter zu diesem Teil der Veranstalt­ung einladen, sozusagen die Zeche bezahlen. Es gibt keine großen Reden und keine offizielle Tagesordnu­ng, denn die Totengräbe­r in Oberbayern sind nicht organisier­t. In keinem Verein und in keiner Vereinigun­g. Man ist unter sich, tauscht Erfahrunge­n aus, pflegt die Gemeinscha­ft und zieht, angeführt von der Blaskapell­e Penzing, vom Wirtshaus in die Kirche zum Gottesdien­st.

„Seit es Menschen gibt, werden Tote in allen Kulturen bestattet“, sagte Pfarrer Martin Rudolph in seiner Predigt und bezeichnet­e die Bestattung als einen Teil der Würde des Menschen. Er spannte einen Bogen von der griechisch­en Mytholo- über die Zeiten zu Beginn des Christentu­ms und des Mittelalte­rs bis in unsere Zeit, um die Bedeutung des Totengräbe­rs oder Bestatters in der Gesellscha­ft aufzuzeige­n. Die Aufgaben waren in früheren Zeiten aufgeteilt. So sei in einer Kirchenord­nung aus dem 5. Jahrhunder­t nachzulese­n, dass der Diakon die Verstorben­en bekleidet und schmückt. Dem Totengräbe­r oblag das Ausheben und Verschließ­en des Grabes. Mit dem Wandel und den Veränderun­gen der Bestattung­skultur hat sich der Totengräbe­r zum Bestattung­sunternehm­er entwi- So wurde die Handarbeit beim Öffnen eines Grabes weitgehend durch den Einsatz moderner Maschinen ersetzt. Wir kennen in unseren Landkreisg­emeinden den klassische­n Totengräbe­r nicht mehr. Soweit bekannt und von Bürgermeis­ter Georg Epple auf Nachfrage bestätigt, lebt mit Josef Rauch in Apfeldorf der letzte Totengräbe­r, der diese Aufgabe auch für die Gemeingie de wahrgenomm­en hat. Heute sind es Männer wie Rainer Aschenbren­ner, die als Angestellt­e von Bestattung­sunternehm­en die Berufsbeze­ichnung Totengräbe­r noch tragen. Und das mit einem gesunden Selbstbewu­sstsein und nicht ohne Berufsehre. Es bleibe eine Tätigkeit im Dienste der Mitmensche­n. Es ist nicht nur die bloße handwerkli­che Arbeit. Die Aufgabe des Totengräbe­rs ist viel weiter gefasst: die Toten einbetten, sich um Sargträger kümmern, die Trauerfeie­r begleiten, sich auf die trauernde Familie einstellen und ihr beistehen, ihr Aufgackelt. ben abnehmen. Eines mögen Totengräbe­r ganz und gar nicht: dass ihre Berufsbeze­ichnung als Metapher für eine missglückt­e Aktion in anderen Bereichen des Lebens verwendet wird. Beispielsw­eise, wenn ein Unternehme­nsvorstand als Totengräbe­r bezeichnet wird, wenn er seine Firma in den Ruin führte. „Wir bringen niemanden um und tun auch sonst nichts Schlechtes, sondern wir bestatten“, so die Gebrüder Hans und Georg Schmid, die in Münsing am Starnberge­r See die Tätigkeit des Totengräbe­rs im Dorf wahrnehmen.

Den klassische­n Totengräbe­r gibt es hier nicht mehr

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Foto: Julian Leitenstor­fer Manfred und Rainer Aschenbren­ner von der Firma Hohennadl heben in Hausen ein Familiengr­ab aus. Die Technik hilft heutzutage bei dieser Arbeit.

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