Kinderpornos auf dem Notebook
Prozess Der Angeklagte spricht von einer Sucht. Jetzt soll ihm eine Therapie weiterhelfen
Landsberg Über 180 kinderpornografische Bilder und ein sechs Minuten langes Video, das den sexuellen Missbrauch eines fast 14-jährigen Buben zeigt, hat die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck im September 2015 in der Wohnung eines 47 Jahre alten Mannes aus einer Gemeinde im nördlichen Landkreis gefunden. Er soll Bilder auch an andere weitergegeben haben. Die ihm zur Last gelegten Taten räumte der Mann jetzt in der Verhandlung vor dem Amtsgericht in Landsberg ohne Wenn und Aber ein. Doch warum hat er dies vielen Mädchen und Buben angetan?
„Das ist die Sucht“, meinte der Mann sehr zögerlich und kaum hörbar vor Gericht. Sein sexuelles Verhalten bezeichnete er als „normal“– er sei nicht schwul. Er habe manchmal darüber nachgedacht, sich aber nicht geoutet. Sexuelle Handlungen an Kindern würde er niemals begehen, versicherte der 47-Jährige. Amtsrichter Michael Eberle verurteilte ihn zu einem Jahr und acht Monaten Haft. Die wird aber für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil wurde angenommen, ist also bereits rechtskräftig.
Wie war die Polizei dem Mann, der 2007 wegen ähnlicher Vergehen 4500 Euro auf den Tisch blättern musste, auf die Spur gekommen? „Weil die internationale Zusammenarbeit funktioniert“, sagte der Richter. Ein erster Hinweis kam wohl aus den USA. Von einer Ermittlungsbehörde, die Internet-Zugriffe auf Kinderporno-Seiten hat. Unter den Nutzern sollen sich mehrere Deutsche befunden haben.
Davon sind das Bundeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft unterrichtet worden, die wiederum die Kriminalpolizei mobilisierten. Die Beamten veranlassten eine Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten. Sie stießen dabei auf ein I-Pad, ein I-Phone und ein Notebook. Auf Letzterem fanden die Beamten Fotos in Hülle und Fülle von Buben und Mädchen in sexueller Pose. Aber auch Fotos, die Schlimmeres gezeigt haben sollen.
Wie vor Gericht bekannt wurde, soll der Angeklagte versucht haben, seine Gesetzesverstöße mit verschiedenen Tricks zu vertuschen. Allerdings wusste er offenbar nicht, dass die heruntergeladenen Dateien im Media Cache gespeichert waren. Als die Beamten nach der ersten Durchsuchung dachten, der Fall sei erledigt, rollte der nächste auf sie zu: Gegen Jahresende 2016 stand bei dem 47-Jährigen die nächste Durchsuchung ins Haus. Wieder wurden die Beamten fündig: Ein Video, fast sechseinhalb Minuten lang, fiel ihnen auf dem I-Phone in die Hände.
Richter Michael Eberle schrieb dem Angeklagten nach der Beweisaufnahme „gewisse pädophile Neigungen“zu. Abhilfe könne nur eine zielgerichtete Therapie bringen. Der Mann willigte ein. Diese Zusage reichte Eberle aber nicht. In Verbindung mit dem Urteil ordnete er an, dass die Therapie in Kürze angetreten werden muss. Über den Verlauf will er informiert werden. Die Kosten hat der 47-Jährige ebenso zu tragen wie die Gerichtskosten. Die dürften extrem hoch werden. Allein für die beiden Gutachten fallen 13 000 Euro an.
Staatsanwältin Katharina Kling prangerte die „Vielzahl der Straftaten“als „Missachtung der Rechtsordnung“und als „gewisse Gleichgültigkeit“an. Sie beantragte daher eine Strafe von einem Jahr und neun Monaten mit Bewährung.