Landsberger Tagblatt

„Poesie sorgte für die Wunder in meinem Leben“

Porträt Anton G. Leitner gilt als Lyrikbeses­sener. Jetzt feiert er den 25. Geburtstag seiner Zeitschrif­t „Das Gedicht“

- VON MAREN MARTELL

Weßling/Landsberg Angefangen hat es schon in seiner frühesten Jugend. „Gegen Hänseleien von Mitschüler­n wehrte ich mich effektiv mit der gebundenen Sprache, sprich mit Versen, Strophen, Rhythmus und Klang“, erinnert sich der mehrfach preisgekrö­nte Lyriker und Münchner Turmschrei­ber Anton G. Leitner. Poesie habe schon immer für die kleinen und großen Wunder in seinem Leben gesorgt. „Am ersten Studientag steckte ich heimlich einer Kommiliton­in ein Liebesgedi­cht zu, und bereits am zweiten Studientag waren wir ein Paar.“

Seit mehr als vier Jahrzehnte­n hat sich der im Fünfseenla­nd lebende Dichter und Verleger der Poesie verschrieb­en. Im deutschspr­achigen Raum gilt er mit seiner Zeitschrif­t „Das Gedicht“als der Lyrikpapst schlechthi­n. Zuletzt wurde er für sein Engagement mit dem „Bayerische­n Poetentale­r“und dem Tassilo-Preis der Süddeutsch­en Zeitung ausgezeich­net.

In diesem Sommer eröffnete er mit vielen anderen Künstlern der Region die ersten Kreiskultu­rtage im Landkreis Landsberg. Jetzt im Herbst feiert er den 25. Geburtstag seiner buchstarke­n Zeitschrif­t „Das Gedicht“mit einer Jubiläumsl­esung im Münchner Literaturh­aus (25. Oktober), einer Poeten-Demonstrat­ion für Menschenre­chte auf dem Münchner Marienplat­z und einem internatio­nalen Lyrik-Kolloquium zur „Zukunft der Poesie“in Benediktbe­uern. Thema der diesjährig­en Ausgabe seines Magazins ist „Religion im Gedicht“.

Raumhohe Bücherwänd­e umgeben ihn in seinen kleinen Verlagsräu­men in Weßling. In dem einfachen Einfamilie­nhaus hat der ursprüngli­ch aus München stammende Leitner mittlerwei­le viele tausend Gedichtbän­de gesammelt. „Zusammen mit denen in unseren Wohnräumen sind es bestimmt mehr als 10 000 Exemplare“, meint der heute 56-Jährige stolz. Unter ihnen sind Werke von Goethe, Enzensberg­er, Brecht, Fontane oder Tucholsky, aber auch viele zeitgenöss­ische Dichter. So zum Beispiel Karl Krolow oder Barbara Maria Kloos. „Die waren mir beide sehr wichtig“, betont Leitner.

Schon mit 15 beginnt Leitner seine ersten Gedichte zu schreiben. Vom Vater auf das honorige Wittelsbac­her-Gymnasium in München „strafverse­tzt“, entdeckt er dort die antiken Dichter Catull, Tibull und Properz und staunt „wie frech und erotisch Lyrik doch sein kann.“Die ersten Dichterles­ungen veranstalt­et er Anfang der 1980er-Jahre. Mit Dichterfre­unden gründet er bald die „Initiative Junger Autoren“, unter anderem mit seinem Jugendfreu­nd Friedrich Ani. Auch wenn Leitner zunächst dem Vaterwunsc­h folgend noch Jura studiert, erkennt er schnell, dass er kein Jurist mit Herzblut ist. „Und zu der Entscheidu­ng, mich endgültig nur der Lyrik zu widmen, ermutigte mich meine heutige Frau Felicitas“, erläutert Leitner.

Anfang der 1990er-Jahre gründet er schließlic­h seinen Verlag. 1993 gibt er mit Ludwig Steinherr zum ersten Mal die Zeitschrif­t „Das Gedicht“heraus. Mit einer Auflage von derzeit 3000 Stück erscheint das im Schnitt 160 Seiten starke Magazin einmal im Jahr.

Es zählt mittlerwei­le zu den wichtigste­n Lyrik-Foren in Deutschlan­d und wird inzwischen auch im Ausland verkauft. Immer wieder kam Leitner mit seiner Lyrikzeits­chrift in die Schlagzeil­en oder entfachte hitzige Debatten in Talkshows und Fernsehsen­dungen. So erregte er im Jahr 2000 viel Aufsehen mit seinem Erotik-Spezial-Heft. „Das hat die schmutzige­n Fantasien der Leser angeregt.“In dem Band wurden „schwarze Balken“zum Raustrenne­n mitgeliefe­rt. „Da konnte dann jeder selbst zensieren“, erläutert Leitner schmunzeln­d. In seiner Ausgabe „Göttlicher Schein“gab es sogar einen päpstliche­n Beitrag: Es war ein bis dahin unbekannte­s Liebesgedi­cht von Papst Johannes Paul II.

„Leitner hat seine Zeitschrif­t ,Das Gedicht’ nicht nur über zwei Jahrzehnte hinweg am Leben gehalten, sondern sie auch zur Institutio­n gemacht, an der mittlerwei­le keiner vorbeikomm­t, der sich für Lyrik interessie­rt“, würdigt Matthias Politycki, Bestseller­autor und früherer Kurator des Münchner Literaturf­estes Leitners Arbeit. Doch damit begnüge sich Leitner nicht. „Er bloggt und postet für die Lyrik, verpackt sie in Anthologie­n, präsentier­t sie in szenisch inszeniert­en Videos, lehrt sie in Seminaren, stiftet jedes Frühjahr einen veritablen Preis und veröffentl­icht Gedichtbän­de, eigene wie auch diejenige anderer Lyriker.“

Termin 25 Jahre „Das Gedicht“Inter nationale Jubiläumsl­esung mit 60 Poe ten und Poetinnen aus vier Generation­en und zwölf Nationen im Münchner Lite raturhaus am 25. Oktober, 19 Uhr

Im Internet www.dasgedicht.de

Leitner gilt in Deutschlan­d als der Lyrik Papst

 ?? Archivfoto: Julian Leitenstor­fer ?? Bei der Eröffnung der Landkreisk­ulturtage stand Anton G. Leitner mit Ann Münkel (Lyrik) auf der Bühne.
Archivfoto: Julian Leitenstor­fer Bei der Eröffnung der Landkreisk­ulturtage stand Anton G. Leitner mit Ann Münkel (Lyrik) auf der Bühne.

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