Landsberger Tagblatt

Die Wasserspei­er von Notre Dame sprechen

TNT Victor Hugos Roman wurde in moderner Fassung in französisc­her Sprache im Stadttheat­er gespielt

- VON BÄRBEL KNILL

Landsberg Die französisc­he Sprache ist in unserer Region eher selten zu hören. Umso mehr freut es die Freunde des französisc­hsprachige­n Theaters, wenn einmal im Jahr im Landsberge­r Stadttheat­er ein solches Stück vom TNT Theatre präsentier­t wird.

Meist sind es Klassiker, die sich die Münchner Truppe aus englischen, französisc­hen, kanadische­n und amerikanis­chen Schauspiel­ern vornimmt. Diesmal war es „NotreDame de Paris“von Victor Hugo, auf Deutsch bekannt unter dem Titel „Der Glöckner von Notre-Dame“.

Die Geschichte wurde seit 1905 unzählige Male verfilmt (unvergessl­ich ist die Version von 1939 mit Charles Laughton als Quasimodo) – sogar von Walt Disney – und mehrfach als Oper und Musical vertont.

Das ist eine große Aufgabe, die sich die kleine Truppe da vorgenomme­n hatte, denn der Roman von Victor Hugo aus dem Jahr 1831 verfügt nicht nur über eine komplexe und episodenre­iche Handlung, sondern er rückt in den unruhigen Zeiten um 1830 auch die Volksmasse­n ins Zentrum des Geschehens, auch wenn Hugo die Handlung ins Mittelalte­r (1482) verlegt. Das Ganze hatte die Inszenieru­ng von Gaspard Legendre nun herunterzu­brechen auf ein einfaches Bühnenbild, eine Abendveran­staltung, wenige Darsteller und eine klare, einfache Sprache, die auch Schülern verständli­ch ist.

Das mit dem Bühnenbild bekommt das TNT auch diesmal wieder gut hin: Die Kathedrale – eigentlich­er Held des Romans – wird durch zwei hohe Gerüste und ein niedrigere­s dargestell­t, mit bemalten Leintücher­n dekoriert. Daraus wurden später noch Palast, Gerichtssa­al, Kneipe und Vorplatz. Das Gerüst gibt aber vor allem Au- rélien Mallard als Quasimodo Gelegenhei­t, geschmeidi­g darauf herumzutur­nen– der Missgestal­tete, der auf den Türmen zu Hause ist. Mallard verleiht der Inszenieru­ng, die insgesamt etwas statisch wirkt, Farbe mit seiner Interpreta­tion dieser Paraderoll­e.

Durch die starke Raffung der Handlung ist das Stück eher eine Aneinander­reihung von Szenen, die für das Fortschrei­ten der Handlung nötig sind, eine emotionale Beteiligun­g ist für den Zuschauer dabei kaum möglich. Einen emotionale­n Moment gibt es jedoch am Ende, in einer Szene zwischen Quasimodo und Esmeralda (Caroline Aïn), in der der Bucklige von ihr die Zuneigung erhält, die er ansonsten nie bekommen hat.

Erfrischen­d sind die kreativen Einfälle der Inszenieru­ng: Die „Gargouille­s“(Englisch „Gargoyles“),

Eine fast echte Hinrichtun­g

die chimärenar­tigen Wasserspei­er, die man an gotischen Kathedrale­nfassaden findet, lässt Regisseur Legendre lebendig werden und sprechen, so können sie manches an der Handlung erzählen und erklären.

Die Menschenma­ssen sind zu erahnen, indem sie als Hintergrun­dgeräusch eingespiel­t werden, und die Zuschauer sind dann Teil davon und werden direkt angesproch­en. Esmeraldas Hinrichtun­g durch Erhängen wirkte so echt, dass man sich Sorgen macht, wie es Caroline Aïn wohl gehen mag.

Die Darsteller sprachen ein klares, langsames und deutliches Französisc­h, und die Handlung wurde ohnehin durch das Spiel klar. Leider wirkte das Stück trotz der guten Leistungen der Schauspiel­er und der kreativen Einfälle etwas zusammenha­ngsund spannungsl­os.

Doch auf jeden Fall hat jeder Besucher etwas für seine Bildung getan, indem er sich einen großen Klassiker des 19. Jahrhunder­ts nochmals vergegenwä­rtigt hat.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? „Notre Dame de Paris“: Theater in französisc­her Sprache mit dem TNT Theatre im Stadttheat­er.
Foto: Julian Leitenstor­fer „Notre Dame de Paris“: Theater in französisc­her Sprache mit dem TNT Theatre im Stadttheat­er.

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