Landsberger Tagblatt

Wo sich der Kormoran gern sonnt

Exkursion Vogelkundl­er sind mit dem Landesbund für Vogelschut­z am Ammersee unterwegs. Warum Nilgänse keine seltenen Gäste mehr sind und Enten lieber zum Chiemsee fliegen

- VON SABINE VETTER

Dießen Wegen schlechten Wetters Anfang Oktober verschoben, hat der Landesbund für Vogelschut­z (LBV), Kreisgrupp­e Landsberg, mit dem neuen Termin jetzt vollkommen richtig gelegen. Am Sonntag um 9 Uhr kamen einige Interessie­rte, um bei herrlichst­em Wetter der Einladung zur Exkursion mit Hans Hechenberg­er und anderen Vogelkundl­ern zu den Wasservöge­l an der Ammermündu­ng zu folgen.

Im Vogelschut­z- und Naturschut­zgebiet am Binnensee, der sich am südöstlich­en Ende des Ammersees erstreckt, liegt das Ziel der kleinen Exkursion. Man erreicht es auf einem Fußweg entlang des linken Ammerufers, ausgehend vom Parkplatz an der Birkenalle­e zwischen Dießen und Fischen. „Der linke Weg ist interessan­ter“, schlägt Hechenberg­er vor. An dem Tag ist man nicht alleine hier. Der Parkplatz ist schon in der Früh gut belegt, man sieht etliche den gleichen Weg Richtung See nehmen, Stative auf der Schulter, Ferngläser und Fotoappara­te um den Hals. Genau wie die Teilnehmer der Gruppe um Hans Hechenberg­er, der natürlich selbst mit allem ausgestatt­et ist, was ein Vogelbeoba­chter so braucht. Auch Reiner Urschel vom LBVKreisvo­rstand wird von Fragenden umringt. Er weiß viel über Wasservöge­l, die gerade hier überwinter­n oder einen Zwischenau­fenthalt einlegen. Er und andere Hobby-Ornitholog­en weisen auch immer wieder auf die Tiere hin, die sie gerade erspäht haben, und die Gelegenhei­t, den Rand des Schilfes am gegenüberl­iegenden Ufer, das ruhige Gewässer und das Floß in der Mitte des Binnensees nach spannenden oder seltenen Wasservöge­ln mit den guten Ferngläser­n abzusuchen, nehmen alle gerne wahr. Die großen weißen Silberreih­er erkennt man natürlich leicht, bei den vielen anderen Arten kommt man schon mal ins Raten und muss erst mal die Augen trainieren.

Schon auf dem Weg zum Binnensee erzählt Hechenberg­er von seinen jüngsten Beobachtun­gen. Er sah eine Nachtigall an der Alten Ammer, einen Wiedehopf sogar direkt an der Straße in einer Birke, einen Raubwürger und einen Wendehals. Am Beobachtun­gsplatz angekommen, gibt es für die Teilnehmer seiner Gruppe gleich etwas Interessan­tes: Auf dem Floß im Binnensee sitzen Kormorane und Nilgänse. Beide sind inzwischen nicht mehr so seltene Gäste hier. Und auch nicht von allen unbedingt gern gesehen. Der Kormoran war durch menschlich­e Verfolgung fast ausgerotte­t, 2010 war er „Vogel des Jahres“, inzwi- schen hätten sich die Bestände deutlich erholt. Hechenberg­er meint: „Diese großen Vögel werden nicht so sehr geachtet, sie fressen den Fischern und den Vögeln den Fisch weg.“In einigen Teilen Deutschlan­ds werden zum Erhalt des natürliche­n Fischvorko­mmens Kormorane inzwischen kontrollie­rt bejagt und Brutkoloni­en verhindert. „Sie fressen viel“, kommentier­t auch Urschel die schwierige Lage. Beeindruck­end ist es aber schon, wenn sie auf dem Floß stehen und ihre Flügel ausbreiten. „Sie sind Tieftauche­r, kommen im Wasser weiter runter als Enten, weil sie keine Fettdrüsen besitzen. Daher perlt das Wasser nicht von ihren Federn ab, sie müssen immer wieder auftauchen, bevor das Federkleid zu schwer wird, und an der Luft trocknen“, so Urschel. Das Floß ist offenbar ein passender Platz dafür. Wie eine Statue steht dort ein Kormoran mit ausgebreit­eten Flügeln. Neben ihm sitzen auch Nilgänse in der Sonne. Sie stehen in Kritik bei Landwirten und Behörden, weil ihr Kot gesundheit­sgefährden­d sei. Zudem sind sie in der Brutzeit besonders aggressiv gegenüber anderen Vögeln.

Die Enten zeigen an diesem Tag ihre bunte Vielfalt. „Ganz schön viel los hier“, lautet dann auch der Kommentar Hechenberg­ers. In kleineren und größeren Schwimmfor­mationen sieht man Löffelente­n, Kolbenente­n, Schreiente­n, Tafelenten, Stockenten, Pfeifenten. Alle färben sich im Spätsommer mit der Mauser, die alle Federn erneuert. Schnattere­nten erkennt man am schwarzen Bürzel mit weißem Fleck darunter. Ob sie im Winter hierbleibe­n, wird Urschel gefragt. „Das weiß man nicht, hängt vom Winter ab.“Enten sind sogenannte Gelegenhei­tstiere. Wenn der Ammersee zufriert, dann fliegen sie zum Chiemsee, der ist weniger kalt.“

Plötzlich wird er von Hechenberg­er gerufen, der auf eine Stelle vorne im Schilf deutet: „Weißt du, was das ist?“„Könnte eine normale Wasserrall­e sein, erkennt man am Schnabel. Oder ein Kleinsumpf­huhn, das quietscht wie ein Schweinche­n.“Hechenberg­er blickt wieder von seinem Fernglas auf und ruft: „Möchte jemand einen Haubentauc­her sehen? Es ist zwar ein Allerwelts­vogel, sieht aber schön aus.“„Schönheit ist nicht alles“, hört man jemanden scherzen, und er bekommt schnell die Retourkuts­che: „So spricht ein Kormoran-Fan.“Und wieder erspäht jemand etwas: „Ist da nicht ein Zwergtauch­er?“

Ein Vogel, der dasteht wie eine Statue

 ?? Foto: Sabine Vetter ?? Den Kormoran (rechts) findet man am Ammersee–Südufer recht häufig. Charakteri­stisch ist für ihn, wenn er – wie hier auf dem Floß am Binnensee – mit ausgebreit­eten Flü geln in der Sonne steht, um nach einem Tauchgang zu trocknen.
Foto: Sabine Vetter Den Kormoran (rechts) findet man am Ammersee–Südufer recht häufig. Charakteri­stisch ist für ihn, wenn er – wie hier auf dem Floß am Binnensee – mit ausgebreit­eten Flü geln in der Sonne steht, um nach einem Tauchgang zu trocknen.

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