Der Fall „Moritz“
Der Fall „Moritz“ist verzwickt. Die einen wollen in der Stadt feiern, die anderen ihre Ruhe. Die Lösung liegt hier wohl nicht in einer Entscheidung der Stadt, vielmehr sind wir verantwortlich. Wenn man bei jeder Störung sofort aufschreit und die Polizei holt, wird die Stadt bald eine Schlafstadt sein. Ist eine Lösung, die einfach scheint, wirklich eine Utopie? Die Wirte sorgen für mehr Schallschutz, die Gäste schreien nachts nicht lautstark in der Stadt herum, und wir tolerieren kleine Störungen. Denn einst gab es in der Stadt drei Diskotheken und es wurde bis in den frühen Morgen getanzt.
1968 startete der „Kratzer“von Uli Stegmeir. Danach der „HereClub“und das „Privé“– und in Igling der Sommerkeller. Die Jugend in Landsberg und auch die angesiedelte Bundeswehr hatten jede Menge Möglichkeiten, auszugehen. Fast scheint es so, als wären mit der Schließung der Kasernen auch die Discos gestorben. Denn heute gibt es außer der Sonderbar und einigen kleineren Bars nur noch den Club von Claus Moritz, wo getanzt und gefeiert werden kann. Das „Glücklich“(der „Kratzerkeller“wird abgerissen, es gab Beschwerden der Nachbarn) musste seinen Standort verlassen und geht jetzt auf Wanderschaft. Nächster Auftrittsort: das Jugendzentrum.
Der Hahn auf dem Dorf und die Disco in der Stadt
Auch der Club Moritz kann mit zwei Tanzveranstaltungen im Monat nicht überleben. Doch nicht die Stadt ist schuld an dieser Entwicklung – auch wenn es auf Facebook so oft betont wird. Sondern die stets nachlassende Bereitschaft vieler Menschen, noch Störungen hinzunehmen. Was auf dem Land der Gockelschrei am Morgen, die Kuhglocken oder die Kirchturmuhr ist, ist in der Stadt die Kneipe, der Biergarten oder der Club. So musste 1992 das sehr erfolgreiche „Privé“schließen, weil es einer Nachbarin nachts dort zu laut war. Ähnlich wie im Moritz? Vielleicht, nur war das „Privé“schon lange vor der neuen Wohnbebauung da, und die Nachbarin wusste, bevor sie hinzog, dass es in der Nähe eine Diskothek gab. Trotzdem bekam die Nachbarin vor Gericht recht, der Club musste früher zusperren und war nicht mehr rentabel.
Beim Moritz waren die Anwohner zuerst da. Trotzdem wird seit über zehn Jahren dort gefeiert und die Stadt wurde erst aktiv, als ein anderer Landsberger einen ähnlichen Club betreiben wollte. Danach stellte man fest, dass Nachtclubs in den Mischgebieten der Stadt nicht zugelassen sind. Der Stadt einen Vorwurf zu machen, ist in diesem Fall falsch – im Gegenteil, sie hat den Club an dieser Stelle über zehn Jahre sogar geduldet.
Auch aktuell hat OB Neuner alles versucht, den Club zu halten und scheitere bei der Regierung von Oberbayern (siehe nebenstehenden
Bericht). Wenn wir in der Stadt feiern und tanzen wollen, müssen wir (natürlich in Grenzen!) auch in Kauf nehmen, dass es mal lauter wird. Aber es soll ja auch Leute geben, die nach einem Kneipenbesuch nach Hause gehen, dann bei der Polizei anrufen und sich beschweren, dass es jetzt in dieser Kneipe zu laut ist, und sie schlafen wollen. Wer es also totenstill in der Stadt will, muss künftig mit dem Auto zur nächsten Disco fahren.