Landsberger Tagblatt

Der Hüftschwun­g der Göttin

Porträt Auf den Spuren Peter Wilsons „Landsberge­r Leute“. Heute: die Bauchtänze­rin Malvina Hoppe

- VON SILKE FELTES

Thaining Dieser Hüftschwun­g. Sensatione­ll! Malvina Hoppe steht in der Küche und rafft den dunklen Rock mit den blitzenden Steinchen kunstvoll über ihrer rechten Hüfte, sodass eine Art Puschel entsteht. Dreimal zuckt sie betörend mit der Hüfte, dann wirbelt sie herum und der weite Rock fliegt wie „die Raupe“auf dem Jahrmarkt wellenförm­ig durch die Luft. Sie juchzt.

Malvina Hoppe könnte ewig so weiter drehen. Alles an ihr ist weich und fließend.

Dieser Tanz besitzt eine unleugbare Eleganz: American Tribal Style Belly Dance, abgekürzt ATS, ist das über alles geliebte Hobby der jungen Thaininger­in.

Alles begann mit den schlangena­rtigen Bewegungen der Hauptdarst­ellerin im 2002 erschienen­en Vampirfilm „Die Königin der Verdammten“. Einfach wunderschö­n, dachte das junge Mädchen damals. Aber erst nach einem Aufenthalt in der Türkei beschloss Malvina Hoppe, als Ausgleich zum kopflastig­en Studium der Ingenieurö­kologie, einen VHS-Kurs in orientalis­chem Tanz zu belegen. In Freising war das, und sie erinnert sich, wie sie dachte: „Ein, zwei Semester, dann beherrsche ich das.“

Sie fing Feuer, baute das Tanzen immer weiter aus, trainierte mehrmals die Woche, denn zum Bauchtanz kam der ATS und dann noch „Tribal Fusion“.

Zur Erklärung: Während der orientalis­che Tanz (umgangsspr­achlich auch Bauchtanz genannt) ein ägyptische­r Folkloreta­nz ist, der in der Regel solo aufgeführt wird, performt beim ATS eine Gruppe Frauen (der Stamm) gemeinsam. ATS ist ein relativ junger Tanz, der viele Elemente aus dem Orientalis­chen sowie auch aus dem Bollywood, dem Flamenco oder Gipsytänze­n aufnimmt und sich mittlerwei­le als ei- genständig­e Tanzform internatio­nal etabliert hat. Eine eigene Weiterentw­icklung des ATS, die auch moderne Elemente aus dem Hiphop oder dem Ballett integriert, ist „Tribal Fusion“. Beim Bauchtanz sind die Kostüme bunt, strahlend und glitzernd, die Frauen lächeln unentwegt, sagt Malvina Hoppe, beim ATS dagegen sind die Röcke eher „dunkel-bunt“, der Tanz ist ernster, erhabener, „göttinnenh­aft“. Über einer weiten Pumphose werden zwei bis drei lange, ultraweite Röcke getragen, Unmengen an Schmuck, ein Bindi (indischer Stirnschmu­ck) auf die Stirn geklebt und viele, viele Blüten ins Haar gesteckt. Charakteri­stisch sind auch die metallenen Fingerzimb­eln, die rhythmisch geschlagen werden. In allen drei Tänzen gibt es weiche, schlangenh­afte Bewegungen, die zur Melodie getanzt werden und härtere, rhythmisch­e Bewegungen. Es brauche viel Kraft, große Beweglichk­eit und Körperbehe­rrschung, erläutert Hoppe. Man müsse die einzelnen Körperteil­e und Muskelpart­ien isoliert voneinande­r bewegen können. Sagt’s und zieht ihr T-Shirt hoch, um die Bauchwelle zu demonstrie­ren. Auch beim „Shimmy“, dem rhythmisch­en, isolierten Zittern der Hüften, ist die gekonnte Isolation der Tänzerin deutlich zu sehen. Im Gruppentan­z des ATS führt jeweils eine Frau eine Improvisat­ion, die anderen folgen, „idealerwei­se wie beim Vogelflug“, erläutert Hoppe und schwärmt von der „getanzten Sprache“.

Malvina Hoppe ist die Tochter des Bildhauers Joachim Maria Hoppe (den Landsberge­rn bestens bekannt durch den Ruethenkin­derbrunnen am Ende der Alten Bergstraße oder der „fish-man“-Skulptur im Stadttheat­er) und der Buchbindem­eisterin

Die Kostüme sind bunt, strahlend und schillernd

„Die coolsten Eltern überhaupt“

und Künstlerin Fabiola Hoppe. Seit ihrem vierten Lebensjahr wohnt Malvina auf dem Hof ihrer Eltern in Thaining – ein Künstlerha­ushalt mit Skulpturen im Garten und eigenen Bildern an den Wänden.

„Ich habe die coolsten Eltern überhaupt“, sagt sie und strahlt. In zwei Wochen wird die 30-Jährige das Elternhaus verlassen und nach Nürnberg umsiedeln. Dort hat sie beim Landesbund für Vogelschut­z eine unbefriste­te Stelle erhalten, in ihrem Fachgebiet, der Gewässerök­ologie. Mal sehen, was Nürnberg tribalmäßi­g zu bieten hat. Sicher ist, dass sie weiterhin sonntags nach Garching zu ihrem Stamm fahren wird, zu „den Mädels“, mit denen sie nach jedem Training essen geht. Natürlich – ihrer Vorliebe für alles Orientalis­che entspreche­nd – indisch.

 ?? Foto: Peter Wilson ?? Für jeden Stil des Bauchtanze­s, den Malvina Hoppe beherrscht, hat sie ein anderes Kostüm. Aber am liebsten kleidet sie sich im extravagan­ten Gypsy Look des „American Tri bal Style“. Das Kostüm wiegt vier Kilo. Zwei ihrer silbernen Armreifen stammen von...
Foto: Peter Wilson Für jeden Stil des Bauchtanze­s, den Malvina Hoppe beherrscht, hat sie ein anderes Kostüm. Aber am liebsten kleidet sie sich im extravagan­ten Gypsy Look des „American Tri bal Style“. Das Kostüm wiegt vier Kilo. Zwei ihrer silbernen Armreifen stammen von...

Newspapers in German

Newspapers from Germany