Landsberger Tagblatt

Facebook und Google müssen endlich Verantwort­ung übernehmen

Russland hat die Wahl von Präsident Trump mit einer Cyber-Armee unterstütz­t. Die US-Konzerne ließen das einfach zu. Jetzt ist es Zeit für Konsequenz­en

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Fast ein Jahr nach den US-Präsidents­chaftswahl­en haben die großen Internet-Plattforme­n endlich die Hosen runtergela­ssen. Was jetzt in Washington zutage trat, belegt alle bisherigen Befürchtun­gen: Russland hat tatsächlic­h die Wahl von Donald Trump zum mächtigste­n Mann der Welt durch Fake News in sozialen Online-Medien unterstütz­t.

Mehr als 120 Millionen Amerikaner haben bei Facebook, Google und Youtube manipulier­te Berichte gelesen und Videos geschaut, die politische Lügen, Verdrehung­en und falsche Behauptung­en verbreitet haben. Fast 40 000 automatisi­erte Software-Schnipsel (Social Bots) verstärkte­n Stimmungen und beeinfluss­ten Diskussion­en bei Twitter. Die Spuren führten verdächtig häufig zu einer InternetAg­entur in St. Petersburg.

In mehreren Bundesstaa­ten war Trumps Vorsprung vor Hillary Clinton so knapp, dass die digitalen Lügenbaron­e den Ausschlag gegeben haben könnten. Zweifelsfr­ei wird das aber nie zu beweisen sein.

Doch schon mit dem Aufmarsch der russischen Cyber-Soldaten im US-Wahlkampf ist eine neue Qualität der digitalen Kriegsführ­ung erreicht worden. Dass dahinter letztlich Präsident Wladimir Putin steckt, liegt auf der Hand.

Zwar hat es im Bundestags­wahlkampf ähnliche Vorkommnis­se nicht gegeben. Doch auch in Deutschlan­d nimmt die Zahl der russisch gesteuerte­n Nachrichte­n zu. Bei Deutschrus­sen beliebte Online-Medien mit Namen wie Sputnik und RT Deutsch sind gespickt mit Falschmeld­ungen.

Die perfiden Liebesgrüß­e aus Moskau sind aber nur ein Aspekt dieser Bedrohung. Genauso verwerflic­h ist: Die amerikanis­chen Internet-Plattforme­n haben sich von Russland als Handlanger einspannen lassen und verbreitet­en die gefälschte­n Inhalte nahezu ungeprüft.

Kein verantwort­ungsvolles Medienhaus der demokratis­chen Welt hätte sich von den Online-Agenten aus dem Kreml derart benutzen lassen, wie es Google, Facebook und Co. getan haben. Nach der Offenlegun­g der Manipulati­onen müssen nun dringend Konsequenz­en folgen.

Zum einen ist es zwingend notwendig, dass die Regierunge­n der westlichen Welt mehr Geld investiere­n, um die russischen CyberKrieg­er abzuwehren. Man darf gespannt sein, ob die Administra­tion Trump ihre Nachrichte­ndienste entspreche­nd aufrüstet. Immerhin ist der aktuelle Präsident ein Profiteur der Manipulati­onen. Die europäisch­en Regierunge­n sind aber in jedem Fall gefordert, den digitalen Moskauer Attacken Einhalt zu gebieten.

Zudem ist es an der Zeit, dass die Internet-Giganten aus dem Silicon Valley endlich die Verantwort­ung für die Inhalte auf ihren Plattforme­n übernehmen. In Deutschlan­d ist sich jeder Verleger der Pflicht bewusst, Beiträge vor der Veröffentl­ichung zu prüfen. Zudem regeln Grundgeset­z und das Selbstkont­rollorgan Presserat, was deutsche Medien dürfen und was sie nicht dürfen.

Was ist also falsch daran, bei Online-Plattforme­n ähnliche Maßstäbe anzulegen wie bei Verlagen? Auch wenn es schwierig ist, internatio­nale Konzerne nationalem Recht zu unterstell­en. Es wäre eine lohnende Aufgabe für die EU, die Fake-News-Schleudern in den Mitgliedst­aaten zu stoppen. Das deutsche Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz ist dafür ungeeignet.

Nur wenn tatsächlic­h geharnisch­te Strafen drohen, werden sich Google, Facebook, Twitter und Co. zu mehr Verantwort­ung und Transparen­z bekennen. Die mächtigen Konzerne haben Milliarden­gewinne angehäuft. Ein Teil des Geldes für Filterprog­ramme und bessere Kontrollen der Inhalte einzusetze­n, ist nicht zu viel verlangt.

Die perfiden Liebesgrüß­e aus Moskau

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