Landsberger Tagblatt

Bis der Anwalt die Notbremse zieht

Amtsgerich­t Ein Unternehme­r muss sich wegen eines Schlags gegen ein Auto und einer falschen Verdächtig­ung verantwort­en. Am Ende wird das Verfahren gegen eine Geldauflag­e eingestell­t

- (eh)

Landsberg Für Richter Michael Eberle war die Verhandlun­g im Landsberge­r Amtsgerich­t ein schwierige­s Verfahren. Denn die beiden Lager standen sich nach der Vernehmung durch die Polizei unversöhnl­ich gegenüber. Aussage stand gegen Aussage: „Eine Seite muss bei der Polizei gelogen haben. Welche das war, müssen wir heute herausfind­en“, kündigte Richter Eberle an, nachdem er die Hauptverha­ndlung eröffnet hatte.

Es ging um eine Sachbeschä­digung und um eine falsche Verdächtig­ung. Der 63-jährige Angeklagte soll gegen ein Auto, das auf seinem Grundstück abgestellt worden war, geschlagen und dessen Besitzer beschuldig­t haben, ihn angefahren zu haben. Doch der angeklagte Unternehme­r dachte nicht daran, die ihm zur Last gelegten Taten einzuräume­n.

17. Mai 2016: Auf seinem Grundstück in Landsberg haben zwei Personen aus Penzberg, ein Mann (33) und seine Partnerin (31), ihre Autos geparkt. Dass sie auf einem Privatgrun­dstück standen, hätten sie nicht gewusst, sagten sie dem Besitzer. Die Frau des Angeklagte­n kam hinzu und legte ihnen nahe, anderswo zu parken.

Dann nahm das Unheil seinen Lauf: Der Mann, der wegfahren sollte, lenkte seinen Pkw auf die Straße. Rückwärts. „Ganz langsam“, wie er sagt. Da soll er den 63-Jährigen, so dessen Version des Vorfalls, „über den Haufen gefahren“haben. Er habe, hinter dem Fahrzeug stehend, mehrmals „aua, aua, aua“geschrien. Von der Stoßstange will er auf Kniehöhe erfasst worden sein. Mit seiner linken Schulter sei er auf die linke Heckseite des VW Golf gestürzt. Von einer Delle, die er mit der Hand in den Kofferraum­deckel geschlagen haben soll, wollte der Unternehme­r jedoch nichts wissen.

Vor der Karambolag­e soll er wütend um den Pkw des Penzberger­s herumgelau­fen und über sein Falschpark­en verärgert gewesen sein, berichtete der Autofahrer. Außerdem soll der Angeklagte das Auto und das Drumherum mehrfach fotografie­rt haben.

Für die Polizei, die vor Ort war, hat sich das Geschehen ganz anders abgespielt, als es der 63-Jährige schilderte. Die Beamten hatten sich genauer angeschaut, wie der Tagesstaub am Auto verteilt war. Und da gab es nur eine Stelle, wo sich keiner fand: auf der Delle am Kofferraum­deckel. Die Stoßstange, die der Angeklagte mit seinem Bein berührt haben wollte, habe dagegen genauso Staubspure­n aufgewiese­n wie das übrige Fahrzeug. Die Schlussfol­gerung des polizeilic­hen Sachbearbe­iters: Ein Zusammenst­oß mit Staubabrie­b dürfte nicht stattgefun­den haben.

Das deckte sich mit den Aussagen des Autobesitz­ers und seiner Partnerin: „Es war ein bewusst und gezielt ausgeführt­er Schlag mit der Hand“, versichert­e die Zeugin aus Penzberg. Ob mit der flachen Hand oder mit der Faust, das wisse sie nicht. Sie habe den Schlag jedenfalls gesehen. Ihr Partner wies seinerseit­s den Vorwurf zurück, den Angeklagte­n umgefahren zu haben.

Rechtsanwa­lt Joachim Feller – er verteidigt­e den Unternehme­r – zog alle Register, um die Richtigkei­t der Darstellun­g der Gegenseite ins Wanken zu bringen. Zum Beispiel mit der Frage „Kann es nicht sein, dass die Delle schon vorher da war?“Bei Richter Michael Eberle kam er damit nicht durch. Daraufhin zog Feller quasi die „Notbremse“: Um seinen Mandanten möglicherw­eise vor größerem Schaden zu bewahren, brachte er die Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Geldauflag­e ins Gespräch.

Richter Eberle und die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft machten mit. 3000 Euro müssen demnach an die „Stiftung Pfennigpar­ade München“bezahlt werden.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Die Folgen des Falschpark­ens auf einem Privatgrun­dstück sind vor Kurzem im Lands berger Amtsgerich­t aufgearbei­tet worden.

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