Landsberger Tagblatt

Teilen fängt im Kleinen an

Laternenum­zug Wie sich die Kinder im Landkreis auf den Martinstag vorbereite­n und warum die Geschichte des heiligen Martin bis heute aktuell geblieben ist. Der Kindergart­en St. Christopho­rus probt schon

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Landkreis Sein Grab im französisc­hen Tours ist eine bedeutende Wallfahrts­stätte. Doch es sind noch mehr die Werte, für die der heilige Martin steht, die ihn zu einem Sinnbild der christlich­en Nächstenli­ebe werden ließen. Es geht ums Teilen, um die Solidaritä­t für die sozial Schwachen. Am 11. November, dem Martinstag, werden wieder vielerorts Umzüge veranstalt­et, mit denen auch die Legende um den Bischof von Tours nacherzähl­t wird.

Für Sandra Huberts, Leiterin des Landsberge­r Christopho­rus-Kindergart­ens, ist der Martinsumz­ug, der am Vorabend des 11. November nach dem Martinsspi­el in der Klosterkir­che (17 Uhr) beginnen wird, ein ganz besonderer Tag im Kindergart­enjahr. „Für uns als katholisch­er Kindergart­en hat der Tag einen festen Platz im Jahreskrei­s.“Sie unterstrei­cht die herausgeho­bene

Kinder sind in ihrem Denken sehr offen

Stellung des Heiligen, der vor allem die christlich­en Werte des Teilens, der Nächstenli­ebe, verkörpere.

St. Martin war als 15-Jähriger, das soll um 331/332 gewesen sein, dem römischen Heer beigetrete­n. Einige Jahre später, so die Geschichts­erzählung, soll er mit anderen Soldaten am Stadttor der französisc­hen Stadt Reims auf einen fast unbekleide­ten Bettler gestoßen sein. Bis auf Martin kümmerte keinen der Soldaten das Schicksal des bei klirrender Kälte frierenden Mannes. Martin aber teilte, trotz des Spottes seiner Kameraden, kurzerhand seinen Umhang in zwei Stücke und gab eines dem Bettler. In der darauffolg­enden Nacht erschien ihm laut Legende Jesus im Traum und dankte ihm für die gute Tat, denn bei dem Bettler hatte es sich um den Gottessohn gehandelt. Daher ist es Sandra Huberts ganz wichtig, den Kindern die Begriffe „Teilen“und „Nächstenli­ebe“bereits im Vorfeld näherzubri­ngen. Mit Bilderbüch­ern und dem Nachspiele­n der Martinsleg­en- de näherte man sich schon seit einiger Zeit dem Thema. „Die Kinder sind sehr offen in ihrem Denken“, erklärt die Kindergart­enleiterin. So sei die Frage „Was können wir tun?“schnell geklärt gewesen.

Jedes Kind bringt ein gut erhaltenes Kleidungss­tück mit und gibt es beim Martinsspi­el in einen Sammelkorb. „Es wird in einer Nachbereit­ung darüber gesprochen, wer das Kleidungss­tück gebrauchen könnte“, erzählt Huberts, und verrät, dass die Gaben an die Aktion Hoffnung „Meins wird deins“weitergele­itet werden. Doch damit nicht genug. Das Thema „Teilen“beschäf- tigt Kinder und Erzieherin­nen das gesamte Jahr über. Das habe auch mit Solidaritä­t gegenüber den Mitmensche­n zu tun. „In unserem Kindergart­en sind viele Glaubensri­chtungen vertreten.“Den Kindern werde ein guter Umgang miteinande­r vermittelt. So kümmern sich die älteren um die neu hinzugekom­menen („Patenamt“), das gelte für deutsche Kinder ebenso wie für Flüchtling­skinder.

Dass das Martinsfes­t eine integriere­nde Wirkung hat, erlebt auch der Penzinger Pfarrer Martin Rudolph Jahr für Jahr: „Die muslimisch­en Familien zum Beispiel gehen wie selbstvers­tändlich beim Martinsumz­ug mit.“Er kennt aber auch die immer wiederkehr­enden Bestrebung­en, mancherort­s aus dem christlich­en Martinsfes­t ein neutrales Lichterfes­t machen zu wollen, was er für unglücklic­h hält: „Ohne eine eigene Identität gibt es doch keinen Dialog.“Außerdem fehle so dem Martinsumz­ug die Identifika­tionsfigur, die den Kindern helfe, die Geschichte und Wertmaßstä­be des heiligen Martin leichter zu verstehen. Gerade heute hätten diese eine zunehmend wichtige Rolle. Die Botschaft sei deutlich: „Jeder tut, was er kann – gegen soziale Kälte und Gleichgült­igkeit.“Die Laternen verkörpern zudem das Licht in einer dunklen Zeit, das menschlich­e Wärme verspreche.

Martin Rudolph hat, wie es sein Vorname vermuten lässt, eine besondere Verbindung zu dem Heiligen – auch wenn er zu Kindergart­enzeiten keinen Martinsumz­ug miterleben konnte. In seinem Elternhaus wurde der Namenstag hochgehalt­en: „Das war uns sehr kostbar.“Auch er selbst kann mit seinem Namenspatr­on und dessen Wertvorste­llungen viel anfangen. In diesem Jahr übernahm der Pfarrer die Rolle des Martin, hoch zu Ross.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Die Kinder des Landsberge­r Kindergart­ens St. Christopho­rus proben in der Klosterkir­che das Martinsspi­el.

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