Für die Rente von morgen braucht es mehr als die Ideen von gestern
Im Moment steigen die Bezüge und sinken die Beiträge. Doch die Zeitbombe tickt. Um den Generationenfrieden zu retten, ist ein Umdenken nötig
Mehr Geld für die rund 21 Millionen Rentner, gleichzeitig sinken die Beiträge für Arbeitnehmer – alles gut also bei der Rente? Mitnichten. Denn in den kommenden Jahren verabschieden sich die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben. Und wenn die Prognosen zutreffen, kommt in den Folgejahren eine unheilvolle Spirale in Gang: Immer weniger Berufstätige werden für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Die kommende Regierung, vermutlich eine Jamaika-Koalition, muss sich also dringend etwas einfallen lassen, um künftig angemessene Renten gewährleisten zu können, ohne die Beitragszahler über Gebühr zu belasten.
Generationengerechtigkeit bedeutet eben auch, dass keiner dafür bestraft werden sollte, dass er – rentenmäßig gesehen – der falschen Generation angehört. Ohne Änderungen im System aber wird zwangsläufig wieder an den drei klassischen Stellschrauben gedreht werden müssen: Beiträge immer weiter rauf, Rentenniveau immer weiter runter, Lebensarbeitszeit immer weiter nach oben. Und über jedes Prozent, jedes Jahr würde erbittert gestritten zwischen der jüngeren und älteren Generation.
Ganz aus der Welt schaffen lässt sich dieser den sozialen Frieden gefährdende Konflikt nicht. Er kann aber deutlich entschärft werden, wenn die Rentensicherung künftig viel stärker als bisher als gesamtgesellschaftliche, allumfassende Aufgabe verstanden wird.
Viele politische Weichenstellungen, über die die Jamaika-Runde jetzt streitet, haben ganz erhebliche Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung. Zum Beispiel die Zuwanderungspolitik. Qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland können dazu beitragen, das unter Druck geratene Rentensystem zu entlasten. Die ungesteuerte Zuwanderung schlecht ausgebildeter Armutsmigranten dagegen belastet die sozialen Netze auf lange Sicht.
Auch Familienpolitik ist Rentenpolitik. Wo es darum geht, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, rechnet sich jede Investition gleich doppelt. Denn die Kinder von heute zahlen morgen die Renten. Aber nur, wenn die Bildungspolitik stimmt. Noch immer hängen die Berufs- und damit Lebenschancen in Deutschland zu stark von der sozialen Herkunft ab. Auch in unserem reichen Land bekommt längst nicht jedes Kind die Förderung, die es verdient. Wer aus einer armen Familie kommt, bleibt häufig selbst arm. Die Abhängigkeit von Hartz IV vererbt sich oft über Generationen. Und auch in Zeiten blühender Konjunktur verringert sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen kaum. Dadurch werden Möglichkeiten verschenkt, den Rentenkassen entgehen Einnahmen.
Eine kluge Bildungspolitik darf nicht mit Ausbildung oder Studium enden. Wenn Menschen lange berufstätig sein sollen, dann müssen sie auch mit den immer schneller steigenden Anforderungen des Arbeitsmarkts Schritt halten können. Lebenslanges Lernen wird entgegen aller Sonntagsreden noch zu wenig gefördert.
Wenn auf dem Papier die Rente mit 67 gilt, in der Praxis aber viele Menschen aus gesundheitlichen Gründen schon deutlich früher nicht mehr arbeiten können, dann ist nichts gewonnen. So tragen eine gute Gesundheitspolitik und besserer Arbeitsschutz ebenfalls zur Rentensicherung bei. Im Idealfall gibt es künftig immer mehr Menschen, die auch noch im höheren Alter so gesund und hoch qualifiziert sind, dass sie am Erwerbsleben teilnehmen können. Beim Renteneintritt sind deshalb flexible Lösungen gefragt. Warum sollte jemand, der in der Lage und willens ist, nicht länger arbeiten?
Wer sich fit fühlt, soll auch länger arbeiten dürfen