Bloß keine Neuwahlen
Reaktionen Das sagen Politiker aus dem Landkreis nach den geplatzten „Jamaika“-Gesprächen
Landsberg Was sagen Politiker aus dem Landkreis zu den gescheiterten Sondierungsgesprächen der möglichen „Jamaika“-Partner in Berlin? Wie sieht der Wunsch nach einer Großen Koalition aus? Oder kommen gar Neuwahlen? Das LT hat sich umgehört.
„In erster Linie überwiegt bei mir momentan die Enttäuschung, dass ideologische und parteitaktische Überlegungen von einigen Verhandlungspartnern wichtiger eingeschätzt wurden, als die staatspolitische Verantwortung“, sagt Michael Kießling (CSU).
Der ehemalige Denklinger Bürgermeister hat sich im September das Direktmandat im Wahlkreis Starnberg-Landsberg geholt und sitzt für die CSU im neuen Bundestag. „Wir haben nun wochenlang vor allem über die Schmerzgrenzen der Grünen diskutiert. Das kann es in einer Koalition mit vier Parteien nicht sein. Auch die SPD zeigt mit ihrer erneuten Absage wenig Verantwortungsbewusstsein“, sagt Kießling mit Blick auf die anderen Parteien. Als wir ihn gestern am Telefon erreichten, war Kießling gera- de auf dem Weg in die Sitzung der CSU-Landesgruppe, ehe am Abend eine Fraktionssitzung der Union anstand. Kießling selbst befürwortet eine Große Koalition. Seiner Mei- nung nach wäre es jetzt am sinnvollsten, wenn die SPD „es sich noch einmal überlegt, ob sie ihrer Verantwortung nicht doch gerecht wird“. Sollte die SPD doch keine Gespräche aufnehmen, könnte die Union überlegen, ob sie eine Minderheitsregierung anstrebt. Erst als vierte Option sieht Kießling Neuwahlen auf Deutschland zukommen.
Die Möglichkeit einer von der FDP tolerierten Minderheitsregierung von Union und Grünen bringt auch der Vize-Kreisvorsitzende der FDP, Andreas Tillmann, ins Spiel. Man wisse nach den Sondierungen ja jetzt, welche Themen die FDP mittragen könnte. „Das wäre doch schon mal eine kleine Nummer“, meint Tillmann. Von Neuwahlen erwartet er sich nicht viel: Das Ergebnis würde wohl nicht viel anders ausfallen als am 24. September. Ähnlich sieht das auch Kreischef Christoph Ertl: „Neuwahlen würden für alle Parteien schwierig werden.“
Enttäuscht zeigt sich Martin Erd mann. Der Sprecher der Grünen im Landkreis sagt: „Wir als Grüne hätten einiges einbringen können. Schade, dass es jetzt zum Stillstand kommt. Die FDP hat die Verhandlungen mit einer schwachen Begründung beendet. Wir haben uns zum Beispiel beim Thema Flüchtlinge gut bewegt.“Er sieht jetzt die SPD als zweitstärkste Kraft in der Verantwortung, doch noch Gespräche mit der Union über die Bildung einer neuen Regierung aufzunehmen. Ansonsten könnte es auch eine Minderheitsregierung versuchen. „Neuwahlen wären die schlechteste Lösung.“
Bei der SPD sieht es nicht nach Gesprächsbereitschaft mit der Union aus. „Die Hauptverantwortung für vier Wochen überflüssiges Laienschauspiel trägt eine führungslose Kanzlerin und CDU-Vorsitzende, eine zutiefst zerstrittene CSU und eine FDP, die offensichtlich von vornherein ein Scheitern einkalkuliert hat“, sagt Christian Winklmeier (SPD). Vor allem die FDP habe ge- zeigt, dass sie nicht regierungsfähig ist und keinerlei Verantwortung tragen wolle. Winklmeier war Bundestagskandidat im Wahlkreis Starnberg-Landsberg. Das Ergebnis der
Union und Grüne sehen die SPD in der Verantwortung
Der Anfang vom Ende?
Wahlen im September habe deutlich gemacht, dass CDU/CSU die Verantwortung hätten, eine Regierung zu bilden, nicht die SPD: „Die SPD hat deutlich weniger Stimmen erhalten als 2013 und somit den klaren Auftrag erhalten, sich nicht erneut an einer Regierung zu beteiligen.
Gerade in einer Fraktionssitzung mit der AfD war Martin Hebner, als wir ihn in Berlin erreichten. Der Dießener Bundestagsabgeordnete sieht in den geplatzten Sondierungsgesprächen politische Probleme für Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer. „Das ist der Anfang vom Ende der Regierung Merkel und auch für Herrn Seehofer, der sich in Berlin am Nasenring durch die bunte Manege hat führen lassen.“Hebner hält eine Große Koalition nach wie vor für möglich – ebenso wie Neuwahlen.