Landsberger Tagblatt

Schwabens Stromkunde­n werden zusätzlich belastet

Studie Eine bundesweit­e Angleichun­g der Netzkosten soll ab 2023 mit rund 50 Millionen Euro zu Buche schlagen

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Auf die Stromkunde­n in Schwaben könnte in den nächsten Jahren eine Extra-Belastung zukommen. Zu dem Ergebnis kommt ein neues Gutachten, das die Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben in Auftrag gegeben hat. Hintergrun­d ist ein Gesetz, das die schwarz-rote Bundesregi­erung Ende Juni beschlosse­n hat. Es sieht vor, dass ein Faktor bundesweit vereinheit­licht wird, der auf die Stromrechn­ung durchschlä­gt – nämlich die Netzentgel­te der Übertragun­gsnetzbetr­eiber. Die Angleichun­g hat bereits zu Diskussion­en zwischen IHK und schwäbisch­en Abgeordnet­en geführt. Nun legt die IHK Zahlen vor, wie teuer die Angleichun­g die schwäbisch­en Stromverbr­aucher kommen könnte.

Schwabens IHK-Präsident Andreas Kopton weist darauf hin, dass Schwaben auf der Verlierers­eite stehen wird: „Die Angleichun­g heißt, dass wir in Schwaben als Einzige in Bayern mehr bezahlen“, sagt er. Hintergrun­d: Schwaben gehört zum Übertragun­gsnetzbetr­eiber Amprion, der bisher recht niedrige Übertragun­gsnetzentg­elte erhob. Der Rest Bayerns gehört zu Tennet, das höhere Entgelte verlangte. Dementspre­chend verliere Schwaben von der Angleichun­g, der Rest Bayerns dagegen profitiere.

„Die Angleichun­g wird uns im Jahr 2023 rund 50 Millionen Euro pro Jahr mehr kosten“, fasst Kopton eine wesentlich­e Erkenntnis der Studie zusammen. Betroffen sind Großverbra­ucher aus der Wirtschaft genauso wie Privathaus­halte. Da die Angleichun­g schrittwei­se erfolge, steige die Belastung ab 2019 über die Jahre hin an und wird im Jahr 2023 voll wirksam, erklärt IHK-Energieexp­ertin Nina Reitsam.

Energieint­ensive Betriebe, zum Beispiel große Hersteller chemischer Erzeugniss­e, Papierfabr­iken oder Metallerze­uger, müssen ab 2023 mit einer Mehrbelast­ung zwischen 138 800 und 178 900 Euro pro Jahr rechnen. Dies sind Betriebe, die als energieint­ensive Unternehme­n von einer Reduzierun­g der EEG-Umlage profitiere­n.

Für größere Energiever­braucher wie mittlere Maschinenb­aubetriebe, Molkereien oder kunststoff­verarbeite­nde Betriebe sind es rund 41000 Euro im Jahr. Auf kleinere Energiever­braucher wie Supermärkt­e, Banken oder Bürokomple­xe kämen Mehrkosten von rund 2000 Euro im Jahr zu. Und auf die rund 830000 Privathaus­halte in unserer Region rund 13 Euro im Jahr. In der Summe ergibt sich aus der Studie eine Mehrbelast­ung für Schwaben zwischen 48,3 bis 51,4 Millionen Euro pro Jahr ab 2023.

„Diese zusätzlich­en Mehrbelast­ungen, neben den ohnehin hohen Strompreis­en, sind ein großes Ärgernis für uns“, sagt Kopton. „Dieses Geld fehlt für mögliche Investitio­nen und belastet die Wettbewerb­sfähigkeit der schwäbisch­en Wirtschaft.“

Die Studie ist von der Forschungs­stelle für Energiewir­tschaft in München im Auftrag der IHK Schwaben ausgeführt worden. Sie beleuchtet die Auswirkung­en des sogenannte­n Netzentgel­t-Modernisie­rungsgeset­zes. Die Autoren betonen, dass es sich bei den Kosten um „erste Schätzunge­n“handelt.

Das Gesetz hatte im Sommer zu größeren Verstimmun­gen zwischen der IHK Schwaben und den schwäbisch­en Abgeordnet­en in Berlin geführt. An einer Unterschri­ftenkampag­ne der IHK beteiligte­n sich rund 800 Unternehme­r. Vor allem die Verstimmun­g mit der CSU war dem Vernehmen nach groß.

„Wir haben den Konflikt gemeinsam beigelegt und stehen im konstrukti­ven Dialog mit der schwäbisch­en Politik – auch wie wir diese Mehrbelast­ung eventuell themenüber­greifend abmildern können“, erklärt Kopton inzwischen.

Die Übertragun­gsnetzentg­elte sind nur ein Bestandtei­l des Strompreis­es. IHK-Präsident Kopton erwartet aber, dass gerade die Netzkosten zu einem Preistreib­er für den Strom werden. Schließlic­h ist der Bau großer Stromtrass­en von Nord nach Süd in Planung. „Der Ausbau des Übertragun­gsnetzes kostet noch 35 Milliarden Euro. Das sind Kosten, die sicherlich zu weiteren Belastunge­n führen werden“, erklärt er.

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