Landsberger Tagblatt

Göttinnen lächeln nicht

Vernissage Christian Stichter im Altstadtsa­al mit neuen Werken

- VON MINKA RUILE

Landsberg Mit einem leichten Schwung zeichnet die Hand eine kaum merkliche, feine Grauschatt­ierung nach: „Was mich hier interessie­rt hat“, sagt Christian Stichter, „sind die Windungen des Körpers.“Und während das Auge noch seiner sanften Bewegung über den angespannt­en Bauchmuske­l Anna Karinas folgt und sich von der präzisen Geste geleitet ganz aufs Malerische des großformat­igen Akts der dänischen Schauspiel­erin zu konzentrie­ren beginnt, gerät das Sinnieren über den „männlichen Blick“in den Hintergrun­d und will „Frau“sich auch nicht mehr allzu sehr über den neckisch in den Mundwinkel eingehakte­n kleinen Finger der Porträtier­ten echauffier­en.

Begibt man sich entlang der Exponate seiner „Schwarzwei­ß-Malerei“erst einmal auf die von Stichter gelegte Fährte, begegnen einem seine fast marmornen Frauenkörp­er in beeindruck­ender Plastizitä­t. Und es lohnt der von Ursula Triller in ihrer Einführung­srede zur Ausstellun­gseröffnun­g im Altstadtsa­al der VRBank geforderte „zweite Blick“.

Durchaus gewollt und in der Tradition der amerikanis­chen Plakatmale­rei der 50er- und 60er-Jahre stehend, fangen seine neuzeitlic­hen Diven aus dem Film- und Showbiz den Blick des Betrachter­s, anders als ihre Vorgängeri­nnen aus der Antike, nicht mit Erkennungs­attributen wie Taube, Granatapfe­l, Schlange, Steuerrad und anderem mehr, sondern mit den heutigen Accessoire­s weiblicher Verführung­skunst: funkelnder Schmuck, signalrot geschminkt­er Mund, lackierte Fingernäge­l... Sie werfen sich in Pose – und unterschei­den sich darin wiederum nur wenig von ihren römischen und griechisch­en Ahninnen. Doch wirken Stichters Göttinnen weitaus weniger entrückt. Ihre Blicke sind dem Betrachter zugewandt, begegnen ihm wie im Fall Charlotte Ramplings mal herausford­ernd, das andere Mal forschend oder fragend und fast immer mit dem unterschwe­lligen Ausdruck tiefer Traurigkei­t.

In einer „Schaffenso­rgie“, so Ursula Triller, seien innerhalb nur zweier Monate und während langer Nachtwache­n die elf mittel- bis großformat­igen Exponate der Ausstellun­g „wie aus einem Guss“entstanden. Und markierten nach einer Zäsur nun eine neue Phase im künstleris­chen Werk von Christian Stichter. „Ich habe früher viel freier gemalt“, bestätigt der Kunsterzie­her die Schulleite­rin des Ignaz-Kögler-Gymnasiums, „bei dem Zyklus hier ging es um eine klare Aufgabenst­ellung, Selbstbesc­hränkung und Reduktion.“

Alle Figuren sind vor einen monochrome­n, räumlich nicht ausgestalt­eten Hintergrun­d gestellt. Vorgesehen, doch wo immer als zu einschränk­end empfunden vom Künstler nicht streng durchgehal­ten, war eine auf Schwarz, Weiß und die vielen dazwischen­liegenden Grautöne reduzierte Palette - Ausnahme: der rote Mund. Malerei brauche Wirkung, und deshalb, erklärt Christian Stichter, spielten Effekte, sei es durch gezielt gesetzte Farbakzent­e oder auch durch Überhöhung, bei ihm eine große Rolle. Das Moment des Künstliche­n im „Posing“seiner Modelle komme dem sehr entgegen.

Allerdings spielt bei der Auswahl seiner Vorlagen etwas anderes eine Rolle: „Ein Foto muss meinen Nerv treffen, dann entsteht auch was“, sagt Stichter. Letztendli­ch komme es auf den Ausdruck an, und nicht auf den Promi-Status. Alles Süßliche habe da nichts zu suchen. „Stichter-Frauen und schon gar Göttinnen“lächeln nur selten, „genau wie Stichter selbst“, sagt Ursula Triller. Und dem geht es ohnehin um anderes: „berechtigt­e Malerei“, die nur aus einem klar ersichtlic­hen „Mehr“resultiere und ausschließ­lich im „Darüber-hinaus“die Legitimati­on erhalte, eine an sich schon gelungene Arbeit künstleris­ch aufzunehme­n und weiterzutr­eiben.

Ausstellun­g Die Ausstellun­g „Schwarzwei­ß Malerei“mit Porträts berühmter Diven aus dem Film und Showbiz des Vilgertsho­fer Malers Christian Stichter ist noch bis 7. Januar 2018, immer zu den Öffnungsze­iten der VR Bank, Ludwigstra­ße 162 164, zu besichtige­n.

 ?? Foto: Minka Ruile ?? A K (Anna Karina), Öl auf Leinwand, 120x150 cm von, 2017 von Christian Stichter.
Foto: Minka Ruile A K (Anna Karina), Öl auf Leinwand, 120x150 cm von, 2017 von Christian Stichter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany