Landsberger Tagblatt

Einer der führenden Philosophe­n Deutschlan­ds

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● Peter Sloterdijk ist neben Jürgen Ha bermas der wohl einflussre­ichste le bende Philosoph Deutschlan­ds. Der Denker wurde am 26. Juni 1947 als Sohn einer Deutschen und eines Nieder länders geboren.

● Von 1968 bis 1974 studierte er in München und Hamburg Philosophi­e, Geschichte sowie Germanisti­k. Wer mit ihm spricht, merkt, es mit einem um

von mathematis­chen Gleichunge­n auf einem Blatt Papier kein Denken. fassend gebildeten Menschen zu tun zu haben. Ob es um Hegel, die Politik der Kanzlerin Merkel oder den Schlager star Helene Fischer geht: Sloterdijk kennt sich aus und hat eine klare Mei nung. Dabei eckt der Philosoph im mer wieder an, etwa wenn er die Flücht lingspolit­ik der Kanzlerin massiv kriti siert: „Die deutsche Regierung hat sich in einem Akt des Souveränit­ätsverzich­ts

Ließe sich Deutschlan­d ohne Kanzlerin Merkel dirigieren?

Sloterdijk: Merkel legt ja ohnehin einen Regierungs­stil an den Tag, bei dem man nicht weiß, ob sie überhaupt etwas tut oder nicht. Kommt es dann doch zu Entscheidu­ngen, werden sie von ihr einsam ausgeführt, wie etwa die Öffnung der Grenzen für Flüchtling­e. Das war improvisie­rte Politik. In meinem Buch „Die schrecklic­hen Kinder der Neuzeit“habe ich beschriebe­n, wie seit der Französisc­hen Revolution die Improvisat­ion an die Macht gekommen ist. Auf alle Fälle wirkt Merkels Politik nicht in die Gesellscha­ft eingebette­t.

So skeptisch Sie die Kanzlerin sehen, sind Sie zumindest für Deutschlan­d zuversicht­lich?

Sloterdijk: Für Deutschlan­d als Ganzes natürlich. Wir dürfen günstige Erwartunge­n für das Land annehmen. Denn Deutschlan­d ist weltweit eine der führenden Maschinenb­au- der Überrollun­g preisgegeb­en.“Solche Aussagen irritieren viele, sieht sich der Philosoph doch als Linker.

● Sloterdijk hat mit 70 Jahren ein bun tes Leben hinter sich: Von 1978 bis 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf. Seit den 80er Jahren arbeitet der Kulturwis senschaftl­er als freier und enorm pro

Nationen. Und auf diesem Gebiet wird es in den kommenden Jahren zu einer stärkeren Nachfrage nach der deutschen Kernkompet­enz kommen. Gerade in der Feinmechan­ik ist Deutschlan­d führend. Deswegen glaube ich, dass uns noch einige produktive Jahrzehnte bevorstehe­n. Durch die Digitalisi­erung verändert sich natürlich unser Arbeitsleb­en.

Nach einer Studie der Oxford-Professore­n Frey und Osborne sind 47 Prozent der Arbeitsplä­tze in den USA durch die voranschre­itende Automatisi­erung gefährdet. Wie gefährlich ist diese Entwicklun­g?

Sloterdijk: Ich beobachte seit der industriel­len Revolution im späten 17. Jahrhunder­t, dass große Berufsgrup­pen – zunächst in der Landwirtsc­haft und später in einzelnen Industriez­weigen – immer wieder ihrer Arbeit beraubt wurden, weil man sie nicht mehr brauchte. Aber die Erfahrung zeigt: Wenn an einer duktiver Schriftste­ller. Seine 1983 er schienene „Kritik der zynischen Ver nunft“gehört zu den meistverka­uften philosophi­schen Büchern des 20. Jahr hunderts. Von 2001 bis 2015 war Sloterdijk Rektor der Staatliche­n Hoch schule für Gestaltung in Karlsruhe. Von 2002 bis 2012 war er der Gastgeber der ZDF Kultur Talkshow „Das philo sophische Quartett“. (sts)

Stelle die Nachfrage nach einer bestimmten Arbeit wegfällt, taucht an anderer Stelle die Nachfrage nach einer anderen Beschäftig­ung auf. Die Digitalisi­erung wird unsere Arbeitswel­t nicht bis zur Unkenntlic­hkeit verunstalt­en, auch wenn uns die gerade hierzuland­e gut gedeihende Sorgen-Industrie etwas anderes weismachen will.

Handschrif­t ist ein Freiheitsm­edium

Sie sind ein Philosoph, der politisch und ökonomisch denkt. So haben Sie auch das Thema Steuern im Blick. Wie sieht Ihr Konzept aus? Sloterdijk: Ich plädiere für eine völlige Neu-Interpreti­erung von Steuern. Nach der herrschend­en Auffassung werden Steuern als Schulden betrachtet, die der Bürger beim Staat hat. Das ist eine völlig falsche Interpreta­tion. Richtig ist vielmehr, dass

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