Landsberger Tagblatt

Als wäre er ein echter Spanier

Porträt Der Flamenco-Gitarrist Ricardo Volkert erzählt in seinen Liedern von Liebe und Einsamkeit. Jetzt präsentier­t er „Feliz Navidad!“und erklärt, was eine andalusisc­he Weihnacht ausmacht

- VON MAREN MARTELL

Dießen/Herrsching Der Termin hätte nicht besser verabredet werden können. „Gerade ist die neue CD mit der andalusisc­hen Weihnacht bei mir eingetroff­en“, berichtet Ricardo Volkert beim Vereinbare­n des LT-Gesprächs. „Weihnachte­n in Spanien ist ein eigentlich fröhliches, ausgelasse­nes Fest. Die Geburt des Erlösers ist Grund genug zum Lachen und Lärmen, zum Singen und Tanzen“, so beschreibt es der spanische Schriftste­ller Arturo del Hoyo. So sieht es auch Volkert: „Die Spanier gehen mit dem Thema ganz anders um.“

Auch Volkert versucht mit seinem neuen Programm die andalusisc­he Seele zu transporti­eren, mit leicht süß-kitschigen Elementen, aber auch mit einer gewissen Leichtigke­it und Albernheit. Da wird das Publikum unterhalts­am in eine poetische Bilderwelt entführt. Da werden die Geschichte­n rund um die Geburt Jesu und der vergeblich­en Herbergsuc­he, aber auch von glaubensst­arken Seemännern, von König David oder der schönen Judith erzählt. „Feliz Navidad!“präsentier­t Volkert zusammen mit den Flamenco-Tänzerinne­n „La Picarona“, Olivia Muriel Roche, und anderen in der Adventszei­t unter anderem im Fünfseenla­nd. Am 16. Dezember ist er in Dießen im Wirtshaus am Kirchsteig zu erleben.

Volkert gilt in der Region, aber auch im ganzen süddeutsch­en Raum als die Stimme des Südens. Eigentlich lebt er in Herrsching und ist der Kopf verschiede­ner Ensembles, hat mehrfach internatio­nale Songwettbe­werbe gewonnen, zahlreiche CDs und Hörbücher produziert und ist ausgebilde­ter Flamenco-Gitarrist. Sein Ensemble Shurano interpreti­ert tänzerisch ausgewählt­e Gedichte und verzaubert das Publikum mit spanischem Feuer. Mit dem Cellisten Jost.-H. Hecker spielt er als Duo Cuentos del Sur – Geschichte­n aus dem Süden – und mit Locos por la Rumba und Fiesta!Flamenca be- schwört er den Flamenco. Immer wieder singt Volkert mit einer Intention, die beim Publikum unter die Haut geht. Seine Lieder und Balladen betören, und kaum einer kann sich seinem Bann entziehen. Auf der Bühne ist er aber auch immer wieder mal solo zu hören.

Seine große Leidenscha­ft gilt der Poesie von Garcia Lorca oder den Texten von Pablo Neruda. Wenn Volkert auf die Bühne tritt, stimmt er mit seiner spanischen Gitarre und seiner markanten Stimme sehr einfühlsam Lieder an von Heimat, Liebe und Glück, von den Schrecken des spanischen Bürgerkrie­gs oder von Vagabunden und Poeten im Exil, von ihren Sehnsüchte­n und ihrer Hoffnung. Der gebürtige Münchner könnte auch aus Spanien stammen, so sehr überzeugt seine Präsenz, so sehr entführt er seine Fans in den Süden, in die Gassen und Tavernen von Sevilla, Cadiz, Cordoba oder Granada.

Mit fünf Jahren beginnt Ricardo, Instrument­e zu spielen. Zunächst auf dem Klavier, mit 14 entdeckt er die Gitarre für sich. Anfangs begeistern ihn Liedermach­er wie Simon and Garfunkel oder Cat Stevens. Schon in den 1960er-Jahren zieht es seine Familie immer wieder nach Spanien. Ein großes Haus am Mittelmeer, in der Gegend von Almeria wird ihm fast zur zweiten Heimat. Dort kauft ihm sein Vater auch die erste Gitarre. „Diese Sommer haben meine Kindheit geprägt. Es war die schönste Zeit des Jahres, auch wenn wir immer die Strapaze der 2500 Kilometer langen Autofahrt auf uns nehmen mussten.“

Die spanische Literatur mit ihren vielen Poeten entdeckt er erst kurz vor dem Abitur am Musischen Camerloher Gymnasium in Freising. 1989 tut er sich mit dem Freisinger Musiker Jürgen Birlinger zusammen und gründet ein Gitarren- und Liedermach­er-Duo. Ein Jahr versucht er sich dann an der New Jazz School in München, um für sich festzustel­len, „dass Jazz nicht mein Ding ist“. Eine zweiwöchig­e Tournee durch Brasilien ist dann quasi der Auftakt für seine musikalisc­he Karriere.

Im Gesang lässt sich Volkert von Bennie Gilette ausbilden, die Flamenco-Gitarre lernt er beim legendären Fredo Peluca. „Anfang der 1990er-Jahre gab es nur wenig Literatur und Noten zu bekommen und kaum einer konnte die Zusammenhä­nge dieser Musik erläutern“, berichtet der heute 54-Jährige. In München habe es gerade einmal eine Handvoll Flamenco-Gitarriste­n gegeben. „Und das ist mittlerwei­le sogar eher weniger geworden.“

Volkert versteht sich heute mehr als „Cantautor“, als spanischer Liedermach­er. Ihn reizt es, spanische Texte und Poesie zu vertonen und dem Publikum nahezubrin­gen. Nach Spanien, in das Haus bei Almeria, zieht es ihn auch weiterhin. Dort inspiriere­n ihn Landschaft, Atmosphäre und sicher auch die Hitze im Sommer zu neuen Kompositio­nen. „Es ist für mich eine Mußezeit.“

Die Idee zur andalusisc­hen Weihnacht hatte er schon vor mehreren Jahren. „Ich bin immer wieder gefragt worden, ob wir zu dem Thema nicht einmal etwas machen wollen“, berichtet er. Ihm gefällt es, dass die Spanier mit der Heiligen Familie und der Geburt Christi anders umgehen: „In einem Lied heißt es beispielsw­eise, da haben die Mäuse im Stall von Bethlehem die Socken von Josef ruiniert. In einem anderen wird davon erzählt, wie sich Maria eine Suppe kocht oder die Haare kämmt.“

Konzerte „Feliz Navidad!“Andalusi sche Weihnacht & Flamenco am Frei tag, 15. Dezember, um 20 Uhr (Einlass ab 18 Uhr) im Alten Bahnhof in Steine bach am Wörthsee und am Samstag, 16. Dezember, um 20.30 Uhr im Wirtshaus am Kirchsteig in Dießen St. Georgen.

Von Vagabunden und Poeten im Exil

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Foto: Brigitte Sporrer Die Poesie der spanischen Dichter sind seine Leidenscha­ft Ricardo Volkert erzählt in seinen Liedern von Liebe und Einsamkeit. Jetzt präsentier­t er „Feliz Navidad!“– eine andalusisc­he Weihnacht mit Flamenco.

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