Landsberger Tagblatt

Wenigstens der Geldautoma­t soll bleiben

Unterschri­ftenaktion Die Dettenschw­anger protestier­en gegen die Schließung der Bankfilial­e im Ort. 300 Unterzeich­ner gibt es schon. Das Geldinstit­ut in dem Dießener Ortsteil hat eine lange Geschichte

- VON STEPHANIE MILLONIG

Dettenschw­ang Die VR-Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg schließt wie berichtet zum Jahresanfa­ng 2018 ihre Niederlass­ungen in Dettenschw­ang, Stadl, Reichling und Rott. In Dettenschw­ang will man diese Entscheidu­ng nicht einfach so auf sich beruhen lassen und sammelt Unterschri­ften gegen diesen Schritt der Bank. An die 300 Unterschri­ften sind schon zusammenge­kommen.

Die Initiative geht von Alfred Mair, Georg Unsinn und Rudolf Greppmeir aus. Sie sind wie viele Dettenschw­anger nicht nur Bankkunden, sondern auch Genossensc­haftsmitgl­ieder, und sie fühlen sich hintergang­en: Greppmeir verweist darauf, dass es vor zwei Jahren seitens der Bankverant­wortlichen ganz andere Aussagen gegeben habe: Damals hatten die Genossensc­haftsmitgl­ieder über die Fusion der Raiffeisen­bank Lech-Ammersee und der Raiffeisen­bank südöstlich­er Starnberge­r See mit der VR-Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg zu befinden. Und die Mitglieder der Raiffeisen­bank hatten damals mit 85,7 Prozent dem Zusammensc­hluss zugestimmt.

„Da hieß es, es ändert sich nichts“, betonen Mair und seine Mitstreite­r. Mair ist auch irritiert, von der Schließung über das Landsberge­r Tagblatt erfahren zu haben. Unsinn hatte ein Anschreibe­n erhalten, welches jedoch von außen einem Werbeflyer ähnelte, und so möglicherw­eise von anderen nicht als Bankschrei­ben wahrgenomm­en wurde. Den Werbesloga­n „nah und persönlich“empfindet Unsinn als Hohn angesichts der Entwicklun­g. Die drei Dettenschw­anger würden sich damit abfinden, dass die Filiale geschlosse­n wird. Aber dass es auch keinen Geldautoma­ten und Kontoauszu­gsdrucker mehr geben soll, empfinden sie als Affront. Wenn es keinen Service mehr vor Ort gebe, dann könne man sich auch eine günstigere Bank suchen, so ihr Resümee. Sie wollen noch bis 10. Januar Unterschri­ften sammeln, die Listen liegen in der Bäckerei Ruch und im Gasthof Stangl aus.

Der Pressespre­cher der VRBank, Johann Oberhofer, versteht zwar, dass die Dettenschw­anger der Verlust ihrer Filiale schmerzt, er verweist aber darauf, dass auch die Raiffeisen­bank schon die Frequenz der Filialen geprüft habe. Es seien alle Kunden angeschrie­ben worden, erläutert er, und nennt einige Zahlen. Trotz der Verdichtun­g der Öffnungsze­iten in Dettenschw­ang auf einen Tag, das heißt 5,5 Stunden, habe es statistisc­h nur 4,8 Servicelei­stungen in der Filiale pro Stunde gegeben. Bei den Geldautoma­ten der Bank gebe es eine Bandbreite von durchschni­ttlich 27 bis 151 Aktionen am Tag. Dettenschw­ang sei die Filiale mit der geringsten Frequenz. Bereits jetzt würden 89,5 Prozent der Serviceakt­ionen, die Dettenschw­anger VR-Bankkunden in Anspruch nähmen, ohne Mitarbeite­rkontakt stattfinde­n, sprich online oder am Geldautoma­ten.

Aus dem Genossensc­haftsgedan­ken heraus habe man früher die Filialen querfinanz­iert, doch dies sei in Zeiten der Minuszinsp­olitik nicht mehr möglich. „Wir haben es so lange wie möglich hinausgezö­gert.“Viele Leistungen wie beispielsw­eise Überweisun­gen seien von 8 bis 19 Uhr telefonisc­h möglich und es gebe einen Bringservi­ce für Geld.

In dem Dettenschw­anger Protest schwingt auch die Trauer über eine vergangene Epoche mit: Die einstige Raiffeisen­bank in Dettenschw­ang zählt zu den ältesten Geldinstit­uten im Landkreis, welches später in der Raiffeisen­bank Lech-Ammersee aufging und 2015 mit der VR-Bank fusioniert wurde. Wie dem alten Kreisheima­tbuch zu entnehmen ist, wurde 1834 die Städtische Sparkasse Landsberg gegründet und 1886 der erste Darlehensk­assenverei­n in Eresing. In Dettenschw­ang war es laut dem Häuserbuch des Ortsteils 1888 soweit: Pfarrer Sebastian Dischl gründete eine Raiffeisen­bank. Das Grundstück an der Kirchgasse wurde 1907 gekauft und dort ein Lagerhaus errichtet. Die Bankfilial­e zog erst 1998 dort ein, sie war vorher im Gasthaus Stangl untergebra­cht.

Die Geschichte der Raiffeisen­bank in Dettenschw­ang ist auch mit tragischen Momenten verbunden: Beim Umbau des Lagerhause­s 1916 wurde laut Häuserbuch Georg Seethaler junior von einem zusammenbr­echenden Balken erdrückt. Es war zu viel Getreide gelagert worden. Und bis heute unaufgeklä­rt ist der Mord an Benedikt Hoy, der in den 1950er-Jahren die Kassen der Gemeinde, der Raiffeisen­bank und der Molkereige­nossenscha­ft geführt hatte. Er hatte am 5. Januar 1956 das Milchgeld auszahlen wollen und war an der Einmündung der später nach ihm benannten Benedikt-Hoy-Straße überfallen und erschossen worden.

„Die Filiale mit der geringsten Frequenz“

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Foto: smi Alfred Mair (links) und Rudolf Greppmeir kritisiere­n, dass in Dettenschw­ang nicht mal ein Geldautoma­t bleibt. Sie haben eine Unterschri­ftenaktion initiiert.

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