Deutsche Weihnachtsmärkte mitten in England
Export Bratwürste und Glühwein sind auf der Insel beliebt. Manche schlagen über die Stränge
London/Birmingham Der Geruch von Zimt und Mandeln hängt in der Luft, im Hintergrund ist „Let it Snow“zu hören: Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ist für die meisten Deutschen ein fester Bestandteil der Festtage. Doch auch im Ausland haben die rustikalen Märkte mit „Adventsambiente“einen beispiellosen Siegeszug hingelegt.
Der deutsche Weihnachtsmarkt gilt vielen Veranstaltern als Vorbild. Kunsthandwerksstände, kleine Buden mit Bratwurst und Glühwein findet man in der Regel auf Anhieb. So auch im Herzen der britischen Hauptstadt, mitten im berühmten Londoner Hyde Park. Dort hat mit dem „Winter Wonderland“ein riesiges Volksfest in diesem Jahr bereits zum elften Mal in Folge seine Toren geöffnet.
Mit dabei sind auch dieses Mal zahlreiche deutsche Gastronomen und Aussteller, die in einem eigenen Areal auf dem Festplatz ihre Buden aufgeschlagen haben. Rund 50 der 170 kleinen Hütten dort werden von deutschen Händlern geführt, wie Betreiber David Kohlert erzählt. Für sie stellt das „Wonderland“mit seinen durchschnittlich 4,5 Millionen Besuchern eine lukrative Einnahmequelle dar – auch wenn der Andrang im Vergleich zum Vorjahr spürbar abgenommen hat.
„Die Händler haben zum jetzigen Stand bis zu 30 Prozent Umsatzeinbußen zu beklagen“, so Kohlert. Grund dafür sei die Furcht der Briten vor einem Anschlag. Das Land ist in diesem Jahr bereits fünfmal Ziel von Terrorattacken geworden, vier davon in London. Trotzdem suchen auch in diesem Jahr wieder zahlreiche deutsche Händler und Gastronomen ihr Glück auf der Insel.
Wie viele es genau sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Genaue Daten zu deutschen Schaustellern im Land gebe es nicht, sagt eine Sprecherin der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer. Doch ganz gleich, ob man an „Mr. Bratwurst“, der „Almhütte“oder dem „Glühweinzauber“vorbeizieht: Die deutsche Beteiligung springt einem schon beim Betrachten der Schriftzüge sofort ins Auge.
Der Vorzug eines Marktstandes in Großbritannien liegt dem „Wonderland“-Betreiber zufolge auf der Hand: Die Chancen auf einen lukrativen Standplatz stünden deutlich besser als in Deutschland. „Wenn man beispielsweise auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt einen Platz haben will, kann man sich auf mindestens zehn Jahre Wartezeit einstellen.“Dort werden die Stände in der Regel weitervererbt.
Beim Erkunden der anderen Teile des „Wonderlands“stellt man jedoch schnell fest, wie weit sich die Briten bei der Gestaltung vom deutschen „Klassiker“entfernt haben. Vor dem Eingang eines großen Bierzeltes, das ebenfalls von einem Deutschen betrieben wird, tummeln sich viele Betrunkene. „Nach sieben Uhr schlägt die Stimmung in der Regel um. Dann tanzen die Gäste normalerweise betrunken auf den Tischen“, erzählt ein junger Sicherheitsbeamter.
„Richtig weihnachtlich ist dieses Saufen bis zum Umfallen nicht, aber leider sucht man authentische Märkte in London vergeblich“, sagt Kurt Stroscher von der Frankfurter Tourismusbehörde. Er war es, der 1997 eine Kopie des Frankfurter Weihnachtsmarktes nach Birmingham brachte. Was als einmaliges Projekt im Rahmen der bestehenden Städtepartnerschaft mit nur elf Ständen geplant war, sollte sich schnell zu einem beispiellosen Erfolgsprojekt entwickeln.