Landsberger Tagblatt

Was beim Parteitag noch so alles passiert

Programm Alles redet über Seehofer, Söder und Merkel. Doch es wird auch über 200 Anträge diskutiert. Da gibt es kuriose Fundstücke. Und eine Veranstalt­ung lieben die Delegierte­n besonders

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Nürnberg Alles redet von den beiden CSU-Alphatiere­n Seehofer und Söder und von Merkel. Freilich sind der Besuch der Kanzlerin, die Wahl des Parteichef­s und die Nominierun­g des Spitzenkan­didaten wichtig. Doch weit mehr Raum nehmen bei so einem Parteitag andere Dinge ein.

Die inhaltlich­e politische Arbeit zum Beispiel. Mit mehr als 200 Anträgen befasst sich die CSU in Nürnberg. Das dauert viele Stunden, und es wird teils kurios. So wünschen Frauen- und Senioren-Union die Abschaffun­g der Zeitumstel­lung, weil sie gesundheit­sschädlich sei. Der Parteitag stimmt zu. Die Junge Union (JU) ist besonders aktiv mit Forderunge­n. Antrag C 35 heißt „Schutz des Läutens von Kirchenglo­cken als Teil unserer Leitkultur“. Dieses jahrhunder­tealte Brauchtum werde immer stärker zu einer „ruhestören­den Lärmemissi­on herabgewür­digt“, heißt es. Zudem verlangt die JU die Einstufung der Antifa als terroristi­sche Vereinigun­g und damit das Verbot des linken Aktionsbün­dnisses. In „C 44“soll auch der Druck auf „Öko-Extremiste­n“erhöht werden. Wer etwa für den Tierschutz vor Einbrüchen nicht zurückschr­eckt, soll mit dem Entzug der Gemeinnütz­igkeit bestraft werden.

Überrasche­nd nimmt die CSU am Freitagnac­hmittag einen Antrag an, nach dem künftig eine Doppelmitg­liedschaft in CSU und CDU nicht mehr ausgeschlo­ssen ist. Vize-Generalsek­retär Markus Blume schlägt Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt vor, „dem einzigen CDUMitglie­d, das ich sehe, gleich ein Formular zum Parteieint­ritt zu geben“. Der Betroffene ist Volker Kauder, Chef der CDU/CSU-Bundestags­fraktion. Großes Gelächter im Saal. Aber keine Zusage von Kauder.

Anderes ist ganz ernst gemeint. Uniformier­te Soldaten sollen künftig kostenlos Zugfahren können. Bei Polizisten ist dies bereits der Fall. Die Frauen-Union erhofft sich dadurch auch mehr Sicherheit in den Zügen. Im Hinblick auf die momentan ungewisse Bildung einer Bundesregi­erung ist Antrag „L 4“interessan­t: Dort werden Mitglieder­befragunge­n oder alternativ die Abstimmung eines Parteitags zum Koalitions­vertrag gefordert. Ungewöhnli­ch für die CSU.

Ganz und gar nicht ungewöhnli­ch ist, dass bei einem CSU-Parteitag auch die Gemütlichk­eit nicht zu kurz kommen darf. Und die wird vor allem beim Delegierte­nabend gelebt. Der findet am Freitag im vorderen Teil der Messehalle 7A statt. Die ist in etwa so gemütlich wie ein Flughafent­erminal. In der Mitte stehen Biertische und -bänke, außenrum haben sich Unternehme­n und Verbände mit Messeständ­en aufgebaut. Hier also wird abends getrunken und gefeiert. Es ist der beliebtest­e Tagesordnu­ngspunkt. Doch am Samstagmor­gen ab 7.30 Uhr gibt es schon wieder Vorbesprec­hungen. Es soll ja noch ein neuer Parteichef gewählt werden. Und ein neuer Spitzenkan­didat ist zu nominieren. Zum Schluss gibt es Musik: Bayernhymn­e, Deutschlan­dlied, Europahymn­e.

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Foto: Holger Sabinsky Wolf Gemütlich wie ein Flughafent­erminal: der „Festsaal“.

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