Landsberger Tagblatt

Wer wusste was?

Derivate Im Prozess gegen Ex-Kämmerer Manfred Schilcher sagt am Montag Ingo Lehmann aus

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Augsburg Wer wusste was, und wer hat wen informiert? Diese Fragen stellen sich unter anderem im Prozess gegen den früheren Kämmerer der Stadt Landsberg, Manfred Schilcher. Wie berichtet, wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft Untreue vor. Er soll spekulativ­e Zinsgeschä­fte getätigt haben, ohne Oberbürger­meister und Stadtrat darüber in Kenntnis zu setzen. Zum Prozessauf­takt sagte der Angeklagte, er habe umfassend informiert. Am Montag, am dritten Verhandlun­gstag, wird der ehemalige Oberbürger­meister Ingo Lehmann als Zeuge aussagen.

Was der frühere Rathausche­f zu sagen hat, wird mit Spannung erwartet. Am Mittwoch erteilte ihm der Stadtrat in nicht öffentlich­er Sitzung das Recht, im Prozess vor der Wirtschaft­sstrafkamm­er am Landgerich­t in Augsburg aussagen zu dürfen. Als er Ende Dezember 2011 die riskanten Derivatges­chäfte öffentlich machte, teilte Ingo Lehmann in einer Pressemeld­ung mit, dass sie ihm nicht zur Mitzeichnu­ng vorgelegt worden waren. Schilcher entgegnete in einer persönlich­en Stellungna­hme, er habe den Oberbürger­meister laufend unterricht­et und auch den Stadtrat, den Finanzauss­chuss und den Haushaltsr­eferenten Harry Reitmeir immer wieder in Kenntnis gesetzt.

Am ersten Verhandlun­gstag hatte der Ex-Kämmerer gesagt, er habe Lehmann im Februar 2009 sogar vorgeschla­gen, die Geschäftsb­eziehung mit der Beraterban­k zu beenden und die Derivate gegen eine Zahlung von drei Millionen Euro aufzulösen. Der sei jedoch der Auffassung gewesen, dass sich die Probleme beheben. Schilcher will darüber auch die Fraktion der CSU und den Finanzauss­chuss informiert haben. Am 18. Februar 2009 habe der Finanzauss­chuss des Stadtrats sein Ansinnen aber abgelehnt.

Die nicht öffentlich­e Sitzung des Finanzauss­chusses vom 18. Februar 2009 war auch Thema in der Sitzung am Mittwoch. Stadtrat Dr. Reinhard Steuer hatte um Einsicht in das Sitzungspr­otokoll gebeten. Stadtjusti­ziarin Petra Mayr-Endhart musste das Protokoll erst in der Stadtverwa­ltung holen und las dann später in nicht öffentlich­er Sitzung daraus vor.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung wurden im Protokoll zwar allgemeine Informatio­nen über die Derivatges­chäfte erwähnt, eine Diskussion oder gar Abstimmung über den Ausstieg aus den Zinsgeschä­ften jedoch nicht.

Der mitangekla­gte 44 Jahre alte Bankberate­r hatte am zweiten Prozesstag ausgesagt, er sei davon ausgegange­n, dass Oberbürger­meister und Stadtrat über die Gespräche zwischen Bank und Kämmerei sowie über die Abschlüsse in Kenntnis gesetzt wurden. Die zuständige Sachbearbe­iterin der Kämmerei lobte der Berater als diejenige von bis zu 60 Kunden, die am besten informiert war. „Das war schon beeindruck­end“, sagte er vor Gericht. Sie habe auch unterzeich­net, wenn ein Derivat gekauft wurde. Im Prozess wird die frühere Stellvertr­eterin des Kämmerers aber nicht aussagen, weder als Angeklagte noch als Zeugin. Das hatte der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Natale mitgeteilt.

Am Montagnach­mittag soll dagegen unter anderem die Stadtjusti­ziarin Petra Mayr-Endhart Fragen beantworte­n, am Mittwoch der aktuelle Kämmerer Peter Jung. Nach den Aussagen Schilchers am ersten Prozesstag ist auch Andreas Graf, der Leiter der Rechtsaufs­icht im Landratsam­t, nach Augsburg geladen worden. Er soll am 10. Januar unter anderem darüber Auskunft geben, was seine Behörde von den riskanten Zinsgeschä­ften der Stadt Landsberg wusste.

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Manfred Schilcher
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Ingo Lehmann
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Andreas Graf
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P. Mayr Endhart

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