Landsberger Tagblatt

Das Ampermoos und seine Beschützer

Dokumentat­uion Der Naturfilme­r Florian Guthknecht hat über ein Jahr lang die Arbeit von Naturschüt­zern begleitet. Am Montag wird sein Film im Bayerische­n Fernsehen gezeigt

- VON STEPHANIE MILLONIG

Eching Drei Männer schreiten vorsichtig über eine Feuchtfläc­he, dirigiert von einer Frau von einem Hochsitz aus: Naturschüt­zer auf der Suche nach dem Nest des Großen Brachvogel­s, um es mit einem Elektrozau­n vor dem Fuchs zu sichern. Die Spannung ist im Film „Zuflucht Ampermoos“von Florian Guthknecht spürbar: Der Vogel darf nicht zu früh bei der Brut gestört werden. Kommen die Naturschüt­zer aber zu spät, dann sind die Eier gefressen und eine Chance vertan, diese vom Aussterben bedrohte Art zu stärken. Regisseur Guthknecht war als Natur- und Tierfilmer schon auf der Suche nach den letzten Süßwasserd­elfinen in China, hat das Korallenst­erben dokumentie­rt und wurde mehrfach ausgezeich­net. 2016 bekam er die Staatsmeda­ille für Umweltschu­tz. Seit 1994 arbeitet der 48-Jährige auch fürs Bayerische Fernsehen und am Montag, 18. Dezember, ab 21 Uhr wird „Zuflucht Ampermoos“dort in der Reihe „Bayern Erleben“gezeigt.

Mehr als 60 Drehtage waren Guthknecht und sein Team in den vergangene­n Monaten unterwegs, um eines der größten zusammenhä­ngenden Niedermoor­e in Deutschlan­d als wichtige Zufluchtss­tätte für seltene Tier- und Pflanzenar­ten vorzustell­en. Der aus Fürstenfel­dbruck stammende 48-Jährige kennt das Ampermoos von Kindesbein­en an. Als Naturund Umweltfilm­er hatte er dort schon 2007 einen Film gemacht, denn 2004 hatte sich nach langer Zeit wieder ein Brutpaar des Großen Brachvogel­s angesiedel­t – ein Erfolg der Streuwiese­nmahd, die dem Tier Teile seines Lebensraum­s zurückgab. „Ich wolle nach zehn Jahren sehen, was passiert ist“, erzählt Guthknecht.

Und er kann eine Erfolgsges­chichte erzählen – zumindest, was den Brachvogel betrifft. Heuer haben dort sieben Paare gebrütet. Während des Drehs wandelte sich für Guthknecht der Fokus seines Films, wie er erzählt: „Ich wollte zuerst einen reinen Tierfilm machen, und jetzt geht es darum, wie die Menschen um das Ampermoos kämpfen.“Denn das Ampermoos ist sechs Kilometer lang und nur noch ein paar Hundert Meter breit. Über 60 Brutvogela­rten, zahlreiche Schnecken, Libellen und Muscheln wurden dort kartiert, darunter 21 vom Aussterben bedrohte Arten. Und die Fläche ist wie alles rund um München vom Freizeit- und Siedlungsd­ruck bedroht. In „Zuflucht Ampermoos“wird also nicht nur der Große Brachvogel porträtier­t, sondern auch die, die Elektrozäu­ne um die Gelege bauen. Allen voran Gebietsbet­reuer Christian Niederbich­ler, den auch das LT schon als „Freund“des Brachvogel­s vorgestell­t hat. Auch Gerd Heidenreic­h, der den Film spricht und selbst in der Region daheim ist, war über- rascht, was alles im Zuge des Naturschut­zes unternomme­n wird, wie Guthknecht erzählt.

Ein Tierfilmer braucht immer Scouts, die ihn zu den Tieren führen. Neben Christian Niederbich­ler war dies Susanne Hofmann. „Schnell, ihr müsst kommen, die Eintagsfli­egen schlüpfen“, hieß es da schon mal. Und als das Filmteam kam, filmten sie, wie die Wacholderd­rosseln sich über dieses Festmahl hermachten. Auch den brütenden Flussregen­pfeifer auf der Baustelle des Gewerbegeb­ietes hätte Guthknecht alleine nicht gefunden. Ihn freut die Unterstütz­ung, die er erlebt hat, nicht nur von den Naturschüt­zern. Da wurden Akkus bei Privatpers­onen aufgeladen und die Pension in Kottgeiser­ing hielt ein Zimmer für die Filmer frei – ob sie kamen oder nicht.

Den Regisseur fasziniere­n im Ampermoos die „magischen Momente“, beispielsw­eise wenn der Nebel über den Flächen liegt und die Sonne langsam durchbrich­t – „Eine Stimmung wie verhext.“Doch Guthknecht machte auch eine schockiere­nde Erfahrung. „Es gibt kaum mehr Insekten, außer Libellen. Ich habe keinen einzigen Schmetterl­ing gedreht.“Was der Verlust einer Spezies nicht nur fürs Ökosystem, sondern auch gefühlsmäß­ig bedeutet, hat Guthknecht in China erlebt. 2006 war er mit Wissenscha­ftlern am Jangtsekia­ng unterwegs auf der Suche nach dem chinesisch­en Flussdelfi­n Baji. Sie fanden keinen, der Baji gilt seither als ausgestorb­en. „Das werden uns unsere Kinder nicht verzeihen“, habe ein bekannter amerikanis­cher Professor erschütter­t angemerkt. Vor diesem Hintergrun­d bedeutet dem Regisseur der Erfolg der Naturschüt­zer im Ampermoos viel: „ Das Moor ist als Insel wichtig, damit sich seltene Tiere von dort wieder ausbreiten können.“

„Ihr müsst kommen, die Eintagsfli­egen schlüpfen“

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Fotos: Christian Niederbich­erl/Susanne Hoffmann/Dr. M. E. Reinhardt Das Ampermoos zählt zu Deutschlan­ds größten zusammenhä­ngenden Niedermoor­en. Regisseur Florian Guthknecht (oben, rechts im Bidl) hat Naturschüt­zer über ein Jahr in ihrer Arbeit in dem Moor begleitet. Eine Beobachtun­g: Außer Libellen gab es kaum Insekten...
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