Das Ampermoos und seine Beschützer
Dokumentatuion Der Naturfilmer Florian Guthknecht hat über ein Jahr lang die Arbeit von Naturschützern begleitet. Am Montag wird sein Film im Bayerischen Fernsehen gezeigt
Eching Drei Männer schreiten vorsichtig über eine Feuchtfläche, dirigiert von einer Frau von einem Hochsitz aus: Naturschützer auf der Suche nach dem Nest des Großen Brachvogels, um es mit einem Elektrozaun vor dem Fuchs zu sichern. Die Spannung ist im Film „Zuflucht Ampermoos“von Florian Guthknecht spürbar: Der Vogel darf nicht zu früh bei der Brut gestört werden. Kommen die Naturschützer aber zu spät, dann sind die Eier gefressen und eine Chance vertan, diese vom Aussterben bedrohte Art zu stärken. Regisseur Guthknecht war als Natur- und Tierfilmer schon auf der Suche nach den letzten Süßwasserdelfinen in China, hat das Korallensterben dokumentiert und wurde mehrfach ausgezeichnet. 2016 bekam er die Staatsmedaille für Umweltschutz. Seit 1994 arbeitet der 48-Jährige auch fürs Bayerische Fernsehen und am Montag, 18. Dezember, ab 21 Uhr wird „Zuflucht Ampermoos“dort in der Reihe „Bayern Erleben“gezeigt.
Mehr als 60 Drehtage waren Guthknecht und sein Team in den vergangenen Monaten unterwegs, um eines der größten zusammenhängenden Niedermoore in Deutschland als wichtige Zufluchtsstätte für seltene Tier- und Pflanzenarten vorzustellen. Der aus Fürstenfeldbruck stammende 48-Jährige kennt das Ampermoos von Kindesbeinen an. Als Naturund Umweltfilmer hatte er dort schon 2007 einen Film gemacht, denn 2004 hatte sich nach langer Zeit wieder ein Brutpaar des Großen Brachvogels angesiedelt – ein Erfolg der Streuwiesenmahd, die dem Tier Teile seines Lebensraums zurückgab. „Ich wolle nach zehn Jahren sehen, was passiert ist“, erzählt Guthknecht.
Und er kann eine Erfolgsgeschichte erzählen – zumindest, was den Brachvogel betrifft. Heuer haben dort sieben Paare gebrütet. Während des Drehs wandelte sich für Guthknecht der Fokus seines Films, wie er erzählt: „Ich wollte zuerst einen reinen Tierfilm machen, und jetzt geht es darum, wie die Menschen um das Ampermoos kämpfen.“Denn das Ampermoos ist sechs Kilometer lang und nur noch ein paar Hundert Meter breit. Über 60 Brutvogelarten, zahlreiche Schnecken, Libellen und Muscheln wurden dort kartiert, darunter 21 vom Aussterben bedrohte Arten. Und die Fläche ist wie alles rund um München vom Freizeit- und Siedlungsdruck bedroht. In „Zuflucht Ampermoos“wird also nicht nur der Große Brachvogel porträtiert, sondern auch die, die Elektrozäune um die Gelege bauen. Allen voran Gebietsbetreuer Christian Niederbichler, den auch das LT schon als „Freund“des Brachvogels vorgestellt hat. Auch Gerd Heidenreich, der den Film spricht und selbst in der Region daheim ist, war über- rascht, was alles im Zuge des Naturschutzes unternommen wird, wie Guthknecht erzählt.
Ein Tierfilmer braucht immer Scouts, die ihn zu den Tieren führen. Neben Christian Niederbichler war dies Susanne Hofmann. „Schnell, ihr müsst kommen, die Eintagsfliegen schlüpfen“, hieß es da schon mal. Und als das Filmteam kam, filmten sie, wie die Wacholderdrosseln sich über dieses Festmahl hermachten. Auch den brütenden Flussregenpfeifer auf der Baustelle des Gewerbegebietes hätte Guthknecht alleine nicht gefunden. Ihn freut die Unterstützung, die er erlebt hat, nicht nur von den Naturschützern. Da wurden Akkus bei Privatpersonen aufgeladen und die Pension in Kottgeisering hielt ein Zimmer für die Filmer frei – ob sie kamen oder nicht.
Den Regisseur faszinieren im Ampermoos die „magischen Momente“, beispielsweise wenn der Nebel über den Flächen liegt und die Sonne langsam durchbricht – „Eine Stimmung wie verhext.“Doch Guthknecht machte auch eine schockierende Erfahrung. „Es gibt kaum mehr Insekten, außer Libellen. Ich habe keinen einzigen Schmetterling gedreht.“Was der Verlust einer Spezies nicht nur fürs Ökosystem, sondern auch gefühlsmäßig bedeutet, hat Guthknecht in China erlebt. 2006 war er mit Wissenschaftlern am Jangtsekiang unterwegs auf der Suche nach dem chinesischen Flussdelfin Baji. Sie fanden keinen, der Baji gilt seither als ausgestorben. „Das werden uns unsere Kinder nicht verzeihen“, habe ein bekannter amerikanischer Professor erschüttert angemerkt. Vor diesem Hintergrund bedeutet dem Regisseur der Erfolg der Naturschützer im Ampermoos viel: „ Das Moor ist als Insel wichtig, damit sich seltene Tiere von dort wieder ausbreiten können.“
„Ihr müsst kommen, die Eintagsfliegen schlüpfen“