Landsberger Tagblatt

Wenn kleine Geschenke den Job kosten

Arbeit In vielen Unternehme­n bestehen Regeln, wann Mitarbeite­r etwas annehmen dürfen. Fehlen sie, gibt es auch Grenzen

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Berlin Ein tolles Vier-Gänge-Menü, VIP-Karten für ein ausverkauf­tes Fußballspi­el oder einfach eine schöne Flasche Rotwein. Wer würde sich darüber nicht freuen? Doch im Job können solche Geschenke – beziehungs­weise ihre Annahme – eine Kündigung nach sich ziehen. Und das gilt nicht nur für das Management und die Führungskr­äfte, sondern auch für die ganz normalen Angestellt­en.

Den meisten ist das bewusst: „Allzu große Geschenke gibt es meist nicht mehr, um die Risiken zu minimieren“, sagt André Kasten, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht bei der Berliner Kanzlei Abeln. Ganz verschwund­en sind die Aufmerksam­keiten nicht. „In den Dax-Unternehme­n und auch in vielen anderen großen Firmen gibt es sogenannte Compliance-Vorgaben, darin ist das Problem der Geschenke und Zuwendunge­n geregelt“, sagt Kasten. Die Richtlinie­n müssten Vertragsbe­standteil sein, entweder als Anlagen zum Arbeitsver­trag, einsehbar im Intranet oder als Datenträge­r mit allen Compliance-Regeln.

Oft ist die Annahme von Geschenken zwar weder ein straf- noch ein steuerrech­tliches Problem. „Aber man verstößt gegen den Ar- beitsvertr­ag“, betont Kasten. Wenn der Arbeitnehm­er unsicher ist, ob es in seinem Unternehme­n eindeutige Regeln gibt oder wie diese lauten, sollte er vor Annahme eines Geschenks nachfragen, rät Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht in Köln. Und wenn die Regelungen Geschenke kategorisc­h ausschließ­en, ist sogar ein kleines Werbegadge­t tabu – selbst wenn es nur ein paar Euro kostet.

Auch ohne offizielle Compliance­Regeln kann die Annahme eines Geschenks problemati­sch werden, sagt Oberthür. Das gilt vor allem in korruption­sanfällige­n Arbeitsber­eichen wie dem Einkauf – aber auch für alle anderen Arbeitnehm­er, wenn das Geschenk die Größenordn­ung einer reinen Aufmerksam­keit überschrei­tet. Das sind etwa 10 bis 15 Euro. „Lässt man sich Geschenke als Gegenleist­ung für eine dienstlich­e Handlung geben, kann dies zudem auch eine strafbare Handlung darstellen.“Um solche Probleme zu vermeiden, dürfen Amtsträger wie Richter, Beamte, Notare und Mitarbeite­r der öffentlich­en Verwaltung überhaupt keine Zuwendunge­n annehmen – das regelt das Strafgeset­zbuch. Für andere Arbeitnehm­er sind die Regeln zwar lockerer – Ärger kann aber trotzdem drohen. „Meist wird sich niemand daran stören, bis es von anderer Seite Probleme gibt“, betont Kasten. Und will man einen Mitarbeite­r loswerden, können auch die Geschenke plötzlich auf der Vorwurfsli­ste landen.

Und was ist mit der Steuer? Im Allgemeine­n gilt für Arbeitnehm­er: Geschenke des eigenen Arbeitgebe­rs können sie bis zu einem monatliche­n Wert von 44 Euro annehmen, bei persönlich­en Anlässen wie einer Hochzeit auch Geschenke bis zu einem Wert von 60 Euro, sagt Anwältin Oberthür. Wenn Kollegen für Kollegen sammeln und ein Geschenk überreiche­n, zu welchem Anlass auch immer, ist das ebenfalls unproblema­tisch. Geschenke von Kollegen, Kunden oder Konkurrent­en sind ebenfalls ein Fall für das Finanzamt: „Wenn die steuerlich­e Geschenkgr­enze von 35 Euro nicht überschrit­ten wurde, unterliegt ein Geschenk an einen Arbeitnehm­er eines anderen Unternehme­ns nicht der steuerlich­en Erfassung“, sagt der Berliner Steuerbera­ter Wolfgang Wawro. Ein solches Geschenk erfolge „personenor­ientiert“und könne somit auch nicht als Geschenk an das Unternehme­n gewertet werden. Höhere Beträge allerdings müssen sich in der Steuererkl­ärung wiederfind­en.

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Foto: Klaus Dietmar Gabbert, dpa Kleine Geschenke erhalten die Freundscha­ft, sagt man. Im Job sind Aufmerksam­keiten aber gar nicht so unproblema­tisch. Denn Beschäftig­te dürfen nicht alles annehmen.

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