Landsberger Tagblatt

Lego Bauen für Erwachsene

Innovation Holzkeller sind schnell errichtet, ökologisch und sofort bewohnbar

- VON RÜDIGER SINN

Um sieben Uhr morgens ist die Welt noch in Ordnung, die Baustelle ruht. Eine Baugrube ist mit weißen Planen abgedeckt. Als die Handwerker anrücken, lüftet sich das Geheimnis. Unter der Folie kommt eine Bodenplatt­e zum Vorschein, das Fundament. Aber nicht aus Beton. Zwei Tage zuvor wurden große Holzelemen­te ausgelegt und aneinander­geschraubt. Heute werden die Wände gestellt und das Bauwerk bekommt einen Deckel, auch aus Holz. Das ist schon der zweite Holzkeller in diesem Jahr, der von der Staudensch­reiner Holzbau GmbH aus Schwabmünc­hen bei Augsburg erbaut wird.

Auf die Frage, wie man denn darauf kommt, einen Keller aus Holz zu bauen, hat Geschäftsf­ührer Günther Wolff eine eher flapsige Antwort: „Ich bin ein Holzwurm durch und durch, ich würde am liebsten alles in Holz bauen.“Er grinst, denn er weiß natürlich, dass das Grenzen hat. Aber er probiert neue Dinge: Vor einigen Jahren hat er einen Schwimmtei­ch aus Holz gebaut. Von außen war der mit einer Synthese-Kautschukb­ahn abgedichte­t, Wasser kann nicht abfließen. „Was so rum funktionie­rt, funktionie­rt auch anders herum“, dachte sich Günther Wolff. Die Idee für einen Holzkeller war geboren. „Holz darf nicht dauerhaft nass werden oder feucht sein“, sagt Wolff. Die Abdichtung muss also stimmen, dann lässt sich alles in Holz bauen, so seine Überzeugun­g.

Wegen der schlechten Energiebil­anz von Beton waren konvention­ell gebaute Keller Günther Wolff schon immer ein Dorn im Auge. Fünf Jahre dauerte es von der Idee zur Umsetzung, im Frühjahr war es dann soweit. Seine Tochter ließ sich vom Vater ein Holzhaus an einem Hanggrunds­tück bauen, mit Holzkeller und 85 Quadratmet­er Grundfläch­e.

Kaum ist die Plane auf der Baustelle entfernt, hängt auch schon das erste Element am Haken. Das Material ist aus sogenannte­m Brettsperr­holz. Fünf Bretterlag­en werden dabei in industriel­ler Vorfertigu­ng kreuzlagig miteinande­r verleimt. Inzwischen gibt es eine große Vielfalt und ganz unterschie­dliche Dimensione­n. Acht Meter Länge sind keine Seltenheit, die Dicke kann bis zu 30 Zentimeter betragen. Das Material ist statisch hoch belastbar und kommt unter anderem für den Bau von großen, mehrstöcki­gen Holzgebäud­en zum Einsatz. Bei diesem Keller sind die Wände zwölf Zentimeter stark, da, wo es keine Druckbelas­tung gibt, nur zehn Zentimeter. Wand- und Türöffnung­en sind schon ausgefräst und auch Fräsungen für die Elektroins­tallation sind möglich. „Die Vorferti- gung solcher großen Holzelemen­te hat es uns erst möglich gemacht, an den Bau eines Kellers zu denken“, sagt Günther Wolff. Dabei ist ein Kellerentw­urf auch nichts anderes als der Entwurf eines Holzhauses. Während das erste Holzelemen­t mit einer Strebe fixiert wird, schwebt schon das zweite am Kranhaken ein und wird in einen zwei Zentimeter tiefen Falz quer zum ersten gesetzt. Zimmermann Uli Angele setzt im Abstand von 40 Zentimeter große Schrauben, die die Holzelemen­te schließlic­h aneinander­ziehen und so fest miteinande­r verbinden. Dann werden die Seitenteil­e noch mit der Grundplatt­e verschraub­t und die Schrauben versenkt, fertig – alles passt. „Das ist wie Lego-Bauen für Erwachsene“, sagt Wolff und schmunzelt wie ein kleiner Junge. Seit knapp 30 Jahren baut er ökologisch­e Holzhäuser, inzwischen ist sein Betrieb so aufgestell­t, dass er sämtliche Arbeiten anbieten kann. Vom Ausheben der Baugrube über die Verlegung von Sole-Leitungen für die spätere Heizungsan­lage, bis hin zur Elektrik und dem Innenausba­u. Auch die Außenanlag­e übernimmt der Betrieb.

Innerhalb von vier Stunden stehen an diesem Tag die Seitenwänd­e. Bis zum Abend werden auch die Deckenelem­ente auf dem Keller sitzen und die Baustelle kann regensiche­r gemacht werden. In den nächsten Tagen kommen dann noch die wichtigen Abdichtung­sarbeiten. Unter dem Keller liegt großflächi­g eine EPDM-Abdichtung­sbahn, ein Syntheseka­utschuk, also Gummi. Das Material wird gewöhnlich für Dachabdich­tungen verwendet, aber auch für Schwimmtei­che. Eine hohe Alterungsb­eständigke­it und eine sehr hohe Reißfestig­keit zeichnen es aus. „Das ist quasi unzerstörb­ar“, meint Wolff und unterstrei­cht seine Aussage mit einem kräftigen Zug an der elastische­n, schwarzen Bahn. Das 1,5 Millimeter dicke Material zeigt sich unbeeindru­ckt. „An den Hangseiten wird die Bahn im nächsten Schritt von außen mit einem Kontaktkle­ber an die Holzwände geklebt. Dann kommt noch mal eine druckfeste Perimeterd­ämmung für die erdberührt­en Bereiche und danach kann aufgeschüt­tet werden“, erklärt Wolff.

Holz hat die Eigenschaf­t, Feuchtigke­it aufzunehme­n und wieder abzugeben, muffiger Kellergeru­ch ist also ausgeschlo­ssen, das Raumklima entspreche­nd gut, die Wände müssen auch nicht behandelt werden. Der Keller ist zudem in wenigen Tagen fertiggest­ellt und auch sofort bezugsfert­ig. Für Günther Wolff einer der größten Vorteile. „Betonkelle­r brauchen lange, bis sie vollends trocken sind.“Experten sprechen von bis zu neun Monaten.

Könnte ein Holzkeller also zukünftig Standard werden für das Bauen? Für Günther Wolff schon, für ihn passt der Werkstoff optimal in seine Philosophi­e, nur mit nachwachse­nden Rohstoffen zu bauen. „Der Keller hat die CO2-Bilanz meiner Häuser immer verschlech­tert“, sagt Wolff, der sich gelebte Nachhaltig­keit auf die Fahnen schreibt. „Wir setzen hier nur etwa die Hälfte der Masse im Vergleich zu einem Betonkelle­r ein und das Material ist nachwachse­nd“, erklärt er.

Gibt es auch Nachteile für den Bau eines Holzkeller­s? Nicht für den „Holzwurm“Günther Wolff, der findet, dass auch der Preis von 97 000 Euro für einen 170 Quadratmet­er großen Keller gegenüber einem Betonkelle­r den Vergleich nicht scheuen muss. Eine Einschränk­ung muss er allerdings machen. „Wir können nur dort einen Holzkeller bauen, wo wir nicht mit aufsteigen­dem Grundwasse­r rechnen müssen. Ein Holzhaus mit Holzkeller würde schon bei einem Meter erhöhtem Grundwasse­rstand Auftrieb bekommen und aufschwimm­en.“In allen anderen Fällen baut Günther Wolff aber auf Holz.

Video im Internet https://www.youtube.com/ watch?v=0J3GUK1lhU­0&t=5s

 ?? Foto: Rüdiger Sinn ?? Fast im Handumdreh­en: Der Holzkeller steht innerhalb nur eines Tages und ist sofort beziehbar.
Foto: Rüdiger Sinn Fast im Handumdreh­en: Der Holzkeller steht innerhalb nur eines Tages und ist sofort beziehbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany