Richter rät Schilcher, seine Aussage zu überdenken
Prozess Das Verfahren gegen die Berater ist eingestellt. Wie das Gericht die Position des Ex-Kämmerers sieht
Augsburg Gegen Ende hatte der vierte Verhandlungstag im Prozess gegen Manfred Schilcher am Landgericht in Augsburg dann doch noch eine Überraschung parat. Das Verfahren gegen die beiden wegen Beihilfe zur Untreue angeklagten Mitarbeiter der Beraterbank wurde vorläufig eingestellt. Sie müssen Geldstrafen bezahlen. Die Chancen für eine solche Verständigung im Fall Schilcher sehen Gericht und Staatsanwaltschaft derzeit nicht. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Natale sagte, der 68-Jährige sollte seine Aussagen überdenken.
Gut eine Stunde berieten sich Gericht, Staatsanwältin und Verteidiger gestern Nachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Über das Ergebnis informierte Wolfgang Natale im Anschluss die Angeklagten und die Zuhörer. Die beiden 44 Jahre alten Bankberater durften danach den Sitzungssaal mit ihren Rechtsanwälten verlassen. Das Verfahren gegen sie wurde vorläufig eingestellt: Sie müssen 20000 beziehungsweise 40 000 Euro an gemeinnützige Organisationen bezahlen. Das Gericht und Staatsanwältin Simone Bader werteten es positiv, dass der Berater, der hauptsächlich mit der Stadt zu tun hatte, seine Verantwortung nicht abgestritten hatte. Anders verhalte es sich bei Manfred Schilcher. Zumindest ist das der Eindruck von Gericht und Staatsanwältin. Der Wille, Verantwortung zu übernehmen, sei bislang nur in beschränktem Maße erfolgt. „Sie haben ja über die Feiertage Zeit, die eigene Position zu überdenken“, meinte Wolfgang Natale. Ein Geständnis könne die Strafe mildern. Er sehe Schilcher noch in der Position des Täters. Es gebe Brüche in den bislang getätigten Aussagen. Die Verantwortung für die riskanten und kommunalrechtlich zu beanstandenden Derivatgeschäfte auf die Berater der Bank zu schieben, sei zu einfach. „Die rechtliche Beratung lag in der Verantwortung der Kämmerei“, sagte der Richter. In den Beratungsgesprächen sei auf die Risiken hingewiesen worden.
Zu Beginn des vierten Prozesstages hatte das Gericht Manfred Schilcher ein weiteres Mal befragt. Wolfgang Natale wollten wissen, von wem die Initiative für den Einstieg in die Derivate ausging. Der Angeklagte verwies darauf, dass viele Kommunen entsprechende Angebote von Banken erhalten hätten. In der Kämmerei sei man skeptisch gewesen, allerdings habe das Konzept der Beraterbank überzeugt.
Wer die Geschäftsabschlüsse tätigte, wollte der Vorsitzende Richter von Schilcher wissen. Er habe an den Beratergesprächen teilgenommen, die Umsetzung der Zinsgeschäfte habe seine Stellvertreterin organisiert. „Es war üblich, dass sie die Geschäfte selbst abwickelt.“Stil sei es aber gewesen, die Dinge nach den Gesprächen mit den Beratern abzusprechen. An deren Empfehlungen habe es keine Zweifel gegeben. „Hätte ich Zweifel gehabt, hätte ich eingegriffen.“
Als Zeugin sagte gestern auch eine frühere Mitarbeiterin der Kämmerei aus. Die 34-Jährige hatte Beratungsgespräche protokolliert und Sitzungsvorlagen für Finanzausschuss und Stadtrat erstellt. Unter anderem einen Entwurf für die Ausschusssitzung am 18. Februar 2009, in der laut Schilcher ein Ausstieg aus den Derivatgeschäften abgelehnt wurde. Im Entwurf findet sich ein solcher Vorschlag, in der Sitzungsvorlage nicht mehr. Die Zeugin berichtete, dass Schilcher mit dem Entwurf nicht zufrieden war. Die Formulierung würde den Eindruck erwecken, als ob spekuliert wird. Die Vorlage erstellte dann Schilchers Stellvertreterin.