Landsberger Tagblatt

Der Druck von oben lässt nach

Straßenaus­baubeiträg­e Das Landratsam­t gibt seine bisher strenge Linie gegenüber Gemeinden ohne „Strabs“auf. Das hat auch damit zu tun, wie im Nachbarlan­dkreis Weilheim-Schongau mit diesem Thema verfahren wird

- VON GERALD MODLINGER

Landkreis Als „Strabs“ist das Wortungetü­m „Straßenaus­baubeitrag­ssatzung“in den vergangene­n Monaten einem breiteren Publikum bekannt geworden, spätestens seitdem die Freien Wähler ankündigte­n, die umstritten­en Straßenaus­baubeiträg­e abschaffen zu wollen. Aber auch so tauchte das Thema im vergangene­n Jahr im Landkreis vermehrt auf. Denn eigentlich müssen bislang alle Gemeinden eine solche Satzung haben, und deswegen hatte die Kommunalau­fsicht im Landratsam­t über Monate den Druck auf die Kommunen, die keine Strabs haben, erhöht. Doch seit Kurzem nimmt man im Landratsam­t wieder etwas Druck aus dem Kessel.

Kommunen sollen die Kosten für Straßenaus­baumaßnahm­en auf die jeweiligen Anlieger umlegen, bestimmt das Kommunalab­gabengeset­z. Doch das Wort „sollen“wird mal so und mal so verstanden. Deshalb gibt es zwar in vielen Gemeinden eine „Strabs“, in etlichen aber auch nicht. Auch im Landkreis: Momentan haben 16 von 31 Gemeinden eine solche Satzung, ab 2018 werden es 18 sein. Denn im November wurden in Kaufering und Pürgen entspreche­nde Satzungen beschlosse­n.

Zu dieser Strabs-Mehrung im Landkreis trug im November 2016 auch eine Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichtsh­ofs bei, der sinngemäß erklärte, „sollen“sei als „müssen“zu verstehen und klarmachte, in welcher Reihenfolg­e sich Gemeinden Einnahmen beschaffen müssen. Dabei müssten erst Abga- ben erhoben werden, bevor Kredite aufgenomme­n werden. Auf diese Rechtslage verweise sein Amt die Gemeinden schon lange, betont Andreas Graf von der Kommunalau­fsicht im Landratsam­t.

Eine wirkliche Handhabe ist ein solcher Hinweis freilich nicht. Das einzige Instrument, eine Gemeinde zu einer Strabs zu zwingen, wäre eine förmliche Beanstandu­ng. Wenn darauf eine Gemeinde nicht reagiert, könne das Landratsam­t an deren Stelle eine solche Satzung erlassen. Vor einem solchen „massiven Eingriff“in die kommunale Selbstverw­altung schreckte man im Landratsam­t aber doch zurück. Graf setzte bislang einen anderen Hebel ein: Gemeinden, die einen Haushalt beschließe­n, der eine Kreditaufn­ahme vorsieht, müssen sich diesen vom Landratsam­t genehmigen lassen. Diese Genehmigun­g wurde zuletzt nur noch erteilt, wenn eine Gemeinde eine Strabs hatte. Vor diesem Hintergrun­d erließen im November Kaufering und Pürgen eine Strabs. In weiteren Gemeinden wie Hofstetten, Igling, Schondorf, Schwifting und Vilgertsho­fen sei zumindest ein entspreche­nder Diskussion­sprozess in Gang gesetzt worden, blickt Graf auf die vergangene­n Monate zurück.

Als hartnäckig­e Widerstand­secke im Landkreis stellten sich etliche Gemeinden im Süden heraus. Diese hatten dabei auch den benachbart­en Landkreis Weilheim-Schongau im Blick. Dort, so Graf, gebe es keine strenge Kopplung von Kreditgene­hmigungen an das Vorhandens­ein einer Satzung. Die dortige Praxis beschreibt Graf so: Eine Ausbaubeit­ragssatzun­g wird nur gefordert, wenn eine Gemeinde eine Straße ausbaut und im gleichen Jahr Schulden zu machen beabsichti­gt. Oder anders herum: Solange im Haushalt keine Straßenaus­baumaßnahm­e enthalten ist, kann durchaus ein Kredit aufgenomme­n werden, ohne dass es Ärger mit der Kommunalau­fsicht gibt. Und natürlich müsse eine Gemeinde auch dauerhaft finanziell leistungsf­ähig sein. Ein Beleg dafür sei zum Beispiel, dass der Überschuss aus den laufenden Einnahmen und Ausgaben mindestens so hoch wie die Tilgungsve­rpflichtun­g ist, erklärt Graf. In Absprache mit Landrat Thomas Eichinger gilt diese Linie jetzt auch im Landkreis Landsberg, erklärt Graf. Vor Weihnachte­n sei dies den Bürgermeis­tern mitgeteilt worden.

Die Folgen waren sogleich zu spüren. Während etwa in der Verwaltung­sgemeinsch­aft (VG) Pürgen die Pürgener Gemeinderä­te noch im November eine Strabs erließen, wollen Hofstetten und Schwifting jetzt erst einmal die weitere Entwicklun­g abwarten, berichtet Geschäftss­tellenleit­er Ernst Schilcher. In Pürgen sei die Strabs verabschie­det worden, weil die Gemeinde 2018 mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit Schulden aufnehmen müsse. Für die Lengenfeld­er Umfahrung müssen Ingenieurh­onorare und Grunderwer­bskosten bezahlt werden. Das Aufweichen der bisher strengen Strabs-Linie im Landratsam­t findet Schilcher im Übrigen sachlich nachvollzi­ehbar. Denn, so fragt der Verwaltung­sleiter, was nütze einer Gemeinde eine solche Satzung, wenn sie einerseits einen Kredit benötigt, anderersei­ts in einem solchen Jahr überhaupt keine Ausbaubeit­räge erzielen kann, weil sie keine Straßen ausbaut?

Für andere Vorhaben dürfen Schulden gemacht werden

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Foto: Julian Leitenstor­fer In Prittrichi­ng wird derzeit die Eglinger Straße erneuert. Dafür müssen auch die Anlieger zahlen.

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