Der Druck von oben lässt nach
Straßenausbaubeiträge Das Landratsamt gibt seine bisher strenge Linie gegenüber Gemeinden ohne „Strabs“auf. Das hat auch damit zu tun, wie im Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau mit diesem Thema verfahren wird
Landkreis Als „Strabs“ist das Wortungetüm „Straßenausbaubeitragssatzung“in den vergangenen Monaten einem breiteren Publikum bekannt geworden, spätestens seitdem die Freien Wähler ankündigten, die umstrittenen Straßenausbaubeiträge abschaffen zu wollen. Aber auch so tauchte das Thema im vergangenen Jahr im Landkreis vermehrt auf. Denn eigentlich müssen bislang alle Gemeinden eine solche Satzung haben, und deswegen hatte die Kommunalaufsicht im Landratsamt über Monate den Druck auf die Kommunen, die keine Strabs haben, erhöht. Doch seit Kurzem nimmt man im Landratsamt wieder etwas Druck aus dem Kessel.
Kommunen sollen die Kosten für Straßenausbaumaßnahmen auf die jeweiligen Anlieger umlegen, bestimmt das Kommunalabgabengesetz. Doch das Wort „sollen“wird mal so und mal so verstanden. Deshalb gibt es zwar in vielen Gemeinden eine „Strabs“, in etlichen aber auch nicht. Auch im Landkreis: Momentan haben 16 von 31 Gemeinden eine solche Satzung, ab 2018 werden es 18 sein. Denn im November wurden in Kaufering und Pürgen entsprechende Satzungen beschlossen.
Zu dieser Strabs-Mehrung im Landkreis trug im November 2016 auch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bei, der sinngemäß erklärte, „sollen“sei als „müssen“zu verstehen und klarmachte, in welcher Reihenfolge sich Gemeinden Einnahmen beschaffen müssen. Dabei müssten erst Abga- ben erhoben werden, bevor Kredite aufgenommen werden. Auf diese Rechtslage verweise sein Amt die Gemeinden schon lange, betont Andreas Graf von der Kommunalaufsicht im Landratsamt.
Eine wirkliche Handhabe ist ein solcher Hinweis freilich nicht. Das einzige Instrument, eine Gemeinde zu einer Strabs zu zwingen, wäre eine förmliche Beanstandung. Wenn darauf eine Gemeinde nicht reagiert, könne das Landratsamt an deren Stelle eine solche Satzung erlassen. Vor einem solchen „massiven Eingriff“in die kommunale Selbstverwaltung schreckte man im Landratsamt aber doch zurück. Graf setzte bislang einen anderen Hebel ein: Gemeinden, die einen Haushalt beschließen, der eine Kreditaufnahme vorsieht, müssen sich diesen vom Landratsamt genehmigen lassen. Diese Genehmigung wurde zuletzt nur noch erteilt, wenn eine Gemeinde eine Strabs hatte. Vor diesem Hintergrund erließen im November Kaufering und Pürgen eine Strabs. In weiteren Gemeinden wie Hofstetten, Igling, Schondorf, Schwifting und Vilgertshofen sei zumindest ein entsprechender Diskussionsprozess in Gang gesetzt worden, blickt Graf auf die vergangenen Monate zurück.
Als hartnäckige Widerstandsecke im Landkreis stellten sich etliche Gemeinden im Süden heraus. Diese hatten dabei auch den benachbarten Landkreis Weilheim-Schongau im Blick. Dort, so Graf, gebe es keine strenge Kopplung von Kreditgenehmigungen an das Vorhandensein einer Satzung. Die dortige Praxis beschreibt Graf so: Eine Ausbaubeitragssatzung wird nur gefordert, wenn eine Gemeinde eine Straße ausbaut und im gleichen Jahr Schulden zu machen beabsichtigt. Oder anders herum: Solange im Haushalt keine Straßenausbaumaßnahme enthalten ist, kann durchaus ein Kredit aufgenommen werden, ohne dass es Ärger mit der Kommunalaufsicht gibt. Und natürlich müsse eine Gemeinde auch dauerhaft finanziell leistungsfähig sein. Ein Beleg dafür sei zum Beispiel, dass der Überschuss aus den laufenden Einnahmen und Ausgaben mindestens so hoch wie die Tilgungsverpflichtung ist, erklärt Graf. In Absprache mit Landrat Thomas Eichinger gilt diese Linie jetzt auch im Landkreis Landsberg, erklärt Graf. Vor Weihnachten sei dies den Bürgermeistern mitgeteilt worden.
Die Folgen waren sogleich zu spüren. Während etwa in der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Pürgen die Pürgener Gemeinderäte noch im November eine Strabs erließen, wollen Hofstetten und Schwifting jetzt erst einmal die weitere Entwicklung abwarten, berichtet Geschäftsstellenleiter Ernst Schilcher. In Pürgen sei die Strabs verabschiedet worden, weil die Gemeinde 2018 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schulden aufnehmen müsse. Für die Lengenfelder Umfahrung müssen Ingenieurhonorare und Grunderwerbskosten bezahlt werden. Das Aufweichen der bisher strengen Strabs-Linie im Landratsamt findet Schilcher im Übrigen sachlich nachvollziehbar. Denn, so fragt der Verwaltungsleiter, was nütze einer Gemeinde eine solche Satzung, wenn sie einerseits einen Kredit benötigt, andererseits in einem solchen Jahr überhaupt keine Ausbaubeiträge erzielen kann, weil sie keine Straßen ausbaut?
Für andere Vorhaben dürfen Schulden gemacht werden