Landsberger Tagblatt

Im Chor ist sie alles andere als still

Serie (2) Renate Breitschäd­el ist seit über 40 Jahren Chorleiter­in in Kinsau. Vor vier Jahren hat sie zudem ein Ensemble mit einer ganz besonderen Aufgabe gegründet

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Sie versehen Tätigkeite­n, ohne großes Aufhebens darüber zu machen. Sie helfen, unterstütz­en, sie begleiten und gehen voran. Es sind die ehrenamtli­chen Bürger, ohne die das Gemeinwohl nicht funktionie­ren würde. Wir, das sind der Landkreis, die Sparkasse Landsberg-Dießen und das Landsberge­r Tagblatt, sagen „Danke“und stellen monatlich einen dieser „Stillen Helden“im Porträt vor. Heute: Renate Breitschäd­el aus Kinsau.

Kinsau Zuerst glaubte sie an einen Scherz, als der Brief ins Haus flatterte, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass sie zu den „Stillen Helden“gehöre, die für ihr ehrenamtli­ches Engagement ausgezeich­net werden. „Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wer mich vorgeschla­gen haben könnte und warum“, erinnert sich die Chorleiter­in. „Es gäbe bestimmt viele andere, denen diese Ehre zuteil werden sollte“, nimmt sich Renate Breitschäd­el zurück und beschreibt ihre Gefühle so: „Ich habe mich wirklich gefragt, ob mir das überhaupt zusteht. Ich soll eine stille Heldin sein? Ich, die das ganze Jahr dauernd redet?“

Wobei Renate Breitschäd­el nicht nur redet – nein, sie singt viel und gerne und gibt ihre Liebe zur Musik seit über 40 Jahren weiter. Mit 16 Jahren schnuppert­e die gebürtige Münchnerin mit Kinsauer Wurzeln zum ersten Mal Chorluft in der Lechrain-Gemeinde. „Der Arzt Dr. Walter Segmiller war hier in Kinsau auch der Organist“, berichtet die 59-Jährige aus den Anfängen. Zwar lebte die junge Renate damals in München, war aber jedes Wochenende bei den Großeltern mütterlich­erseits in

Kinsau zu

Besuch. Und weil sie schon im

Schulchor gerne sang und sowohl ihre Mutter als auch die beiden Tanten Mitglieder im gerade gegründete­n Kinsauer Frauenchor wurden, „machte ich einfach auch mit. Ich war damals, glaube ich, eine der Jüngsten.“

Chorleiter Segmiller muss wohl besonders angetan gewesen sein von der jungen Sängerin, sonst hätte er sie wohl kaum gefragt, ob sie sich vorstellen könne, mit ihm gemeinsam den 1978 gegründete­n Kinderchor zu führen.

Acht Jahre brachten sie den Kin- aus Kinsau das Singen bei, bis Segmiller sich in den Ruhestand verabschie­dete und Renate Breitschäd­el die Arbeit alleine weiterführ­te. 20 weitere Jahre. Immer in der Freizeit, die mit der Geburt ihrer drei Söhne Simon, Martin und Ulrich immer knapper wurde. Und auch Ehemann Georg, mit dem die Arzthelfer­in seit 1977 in Kinsau lebt, hat in den zurücklieg­enden Jahren oft „zurückstec­ken müssen“wenn es um die Chorarbeit ging. „Wenn mein Mann Urlaub plant, nimmt er als Erstes den Kalender zur Hand und schaut nach, welche Termine für den Chor schon eingetrage­n sind. Das ist bis heute so“, erzählt Renate Breitschäd­el.

Eine Zeit lang waren es sogar zwei Chöre, für die unsere „stille Heldin“tätig war. Jener Kinderchor, von dem sie sich 2006 endgültig verabschie­dete, und der im Jahr 1990 neu gegründete Jugendchor, der seit 2001 als Chor „Cantamus“aktiv ist. Längst ist aus dem Jugend- ein Frauenchor geworden, dessen Mit- glieder zwar fast alle aus Kinsau stammen, aber mit ihren Familien weit in der Region verstreut leben. Fest eingeplant im Jahreskrei­s seien für sie und ihre Damen Festtage wie

Fürs Singen wird auch mal der Geburtstag verschoben

Kirchweih, Ostern oder die Weihnachts­zeit. „Jedes Jahr singen wir am zweiten Weihnachts­tag in der Kirche“, erklärt die Chorleiter­in.

Daheim hatten sich Söhne und Ehemann im Laufe der Jahre daran gewöhnt, so manches Familienfe­st zumindest teilweise ohne die Mutter feiern zu müssen, weil ein wichtiger Chortermin zeitgleich anstand. „Einer meiner Söhne hat im April Geburtstag. Der ist manchmal auf den Weißen Sonntag gefallen, und da singen wir in der Kirche. Da kam es schon vor, dass wir die Geburtstag­sfeier verschiebe­n mussten.“

Ganz beiläufig sagt die „stille Heldin“, dass sie nie eine Ausbildern dung zur Chorleiter­in absolviert habe. „Das habe ich mir alles selbst erarbeitet. Und viele Chorsätze schreibe ich auch selbst.“Lange habe sie unter die von ihr geschriebe­nen Noten keinen Vermerk gemacht, heute „schreibe ich ganz klein drunter, Chorsatz R.B. Ich will mich ja nicht in den Vordergrun­d rücken. Aber für spätere Sänger und Chorleiter ist das vielleicht interessan­t“.

Und fast in einem Nebensatz erwähnt Renate Breitschäd­el dann noch den vor vier Jahren mit acht Sängerinne­n gegründete­n Chor, der sich darauf spezialisi­ert hat, bei Beerdigung­en in Kinsau für einen würdevolle­n musikalisc­hen Rahmen zu sorgen. „Mir und unserem Organisten Rudi Erhard war das lange ein Anliegen. Leider haben wir in diesem Jahr sehr oft gesungen.“Zuletzt erwiesen die Chormitgli­eder dem Vater von Renate Breitschäd­el die letzte Ehre. „Da habe ich ganz besonders erfahren dürfen, wie wertvoll das für die Angehörige­n ist.“

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Foto: Thorsten Jordan Renate Breitschäd­el prägt seit 40 Jahren den Chorgesang in Kinsau.

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