Landsberger Tagblatt

Geht endlich auf Macron zu!

Frankreich­s Präsident will ein starkes Europa. Deutschlan­d ist bisher die Antwort darauf schuldig geblieben. Bringt eine neue Regierung mehr Mut auf?

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Den ersten Termin, den der französisc­he Präsident Emmanuel Macron in seinem jugendlich­en Elan gesetzt hat, kann Deutschlan­d, wie bereits heute feststeht, nicht mehr einhalten: Am 22. Januar sollten zum 55. Jahrestag des deutsch-französisc­hen Freundscha­ftsvertrag­s beide Nationen „einen neuen Élysée-Vertrag auflegen“– in den Fußstapfen von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, aber orientiert an den heutigen Herausford­erungen. Das neue Dokument sollte all die gemeinsame­n Initiative­n enthalten, mit denen Deutschlan­d und Frankreich Europa voranbring­en können. Als Macron in seiner Rede an der Pariser Universitä­t Sorbonne am 26. September 2017, einen Tag nach der Bundestags­wahl, diesen Plan vorstellte, rechneten weder er noch sonst jemand damit, dass sich die Regierungs­bildung in Deutschlan­d so lange hinziehen könnte, dass der Zeitrahmen platzen würde.

Aber handelt es sich wirklich nur um eine Zeitfrage? In Wahrheit gibt es auch inhaltlich­e Vorbehalte gegen die weitreiche­nden Pläne Macrons. Während führende Sozialdemo­kraten bereit sind, dem französisc­hen Präsidente­n entgegenzu­kommen, verhalten sich die Unionspart­eien deutlich reserviert­er. Von der CDU-Chefin und amtierende­n Bundeskanz­lerin Angela Merkel gibt es bis heute kein klares Bekenntnis zu den vielen großen und kleinen Vorschläge­n, die Macron in seiner Rede gemacht hat. Daher steckt im Thema Europa, das gestern im Zentrum der Sondierung­en zwischen CDU, CSU und SPD über eine künftige Regierung stand, mehr Sprengkraf­t, als man gemeinhin denkt.

Der französisc­he Präsident verlangte im Kern von Deutschlan­d und von Frankreich nicht mehr und nicht weniger, als lieb gewordene politische Dogmen, die sich über Jahrzehnte verfestigt haben, über Bord zu werfen. „Das Unaussprec­hliche auf Deutsch ist der Finanztran­sfer; das Unaussprec­hliche auf Französisc­h ist die Vertragsän­derung“, formuliert­e Macron in seiner Rede an der Sorbonne. Das heißt: Deutschlan­d, das wirtschaft­lich am stärksten von der EU profitiert, wird sich finanziell stärker für die schwächere­n Mitgliedst­aaten engagieren müssen – und Frankreich sollte akzeptiere­n, dass die Gemeinscha­ft nicht in einem vor Jahrzehnte­n angefertig­ten Geflecht von Verträgen verharrt, sondern sich lebendig weiterentw­ickelt. „Wenn wir langfristi­g Europa erhalten wollen“, so Macron, „werden wir beides brauchen.“

Auf die viel beachtete Grundsatzr­ede des Präsidente­n, der die EU wieder in die Offensive bringen will, gab es keine inhaltlich relevante offizielle Reaktion aus Berlin. Doch zumindest der Außenminis­ter lässt erkennen, dass ihm diese Passivität nicht behagt. Sigmar Gabriel (SPD) monierte am Sonntag zu Recht, es werde „endlich Zeit“, dass Deutschlan­d auf Macron antwortet. Das Thema Europa, so der Minister, müsse im Zentrum eines möglichen Koalitions­vertrags zwischen Union und SPD stehen. Sich zu viel um Innenpolit­ik und zu wenig um Europa gekümmert zu haben, sei ein Fehler der alten GroKo gewesen, räumte er ein.

SPD-Chef Martin Schulz, ehemals Präsident des Europäisch­en Parlaments, schien zeitweise sogar Macron überbieten zu wollen: Auf dem SPD-Parteitag im Dezember forderte er, die Europäisch­e Union bis 2025 in die „Vereinigte­n Staaten von Europa“mit einem gemeinsame­n Verfassung­svertrag umzuwandel­n. Kein Nationalst­aat, nur Europa könne in der Globalisie­rung Regeln durchsetze­n. „Leute, Europa ist unsere Lebensvers­icherung“, rief Schulz aus.

Prompt gab das Unionslage­r Kontra. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt nannte Schulz einen „Europaradi­kalen“. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU), bis vor kurzem Finanzmini­ster, will zwar auch ein starkes Europa. Aber die Menschen hätten „in diesen Zeiten der unglaublic­h schnellen und grundlegen­den Veränderun­gen offenkundi­g das Bedürfnis, auch ein Stück weit Halt zu finden in ihren nationalst­aatlichen Traditione­n“, sagte er und warnte damit vor allzu raschen Veränderun­gen.

Dass die Wirtschaft auf Macron und auf Schulz positiv reagiert, verwundert indes nicht. Denn ein starkes Europa verbessert die Wettbewerb­sfähigkeit der hiesigen Firmen – und muss sich auch vor möglichen Angriffen auf den Freihandel durch US-Präsident Donald Trump nicht fürchten. Dem wird eine neue GroKo Rechnung tragen müssen. Hoffentlic­h bringt sie auch den Mut für eine zukunftsfä­hige Lösung auf. Eine wieder flottgemac­hte EU dann „Vereinigte Staaten von Europa“zu nennen, wäre aber kontraprod­uktiv, weil damit nur unnötig Vorbehalte hervorgeru­fen werden.

„Vereinigte Staaten“sollte man die EU nicht nennen

für Magazine wie

Newsweek und den geschriebe­n. Zweimal gewann er den National Magazine Award in der Kategorie Kommentar. Vor dem Buch über Trump war Wolff am ehesten für seine Biografie „Der Medienmogu­l“über das Leben von Rupert Murdoch bekannt.

Kritiker an Wolffs Berichters­tattung kommen indes nicht nur aus dem Weißen Haus. Er tendiere dazu, Konflikte zu schüren und die Fakten so weit zu interpreti­eren, wie es eben geht, und manchmal weiter, als sie es zulassen, schreibt die Washington Post. Doch laut Journalist Mike Allen von der Nachrichte­nseite Axios.com hat Wolff Aufzeichnu­ngen, um die Zitate in seinem Buch zu belegen. Und zwar „dutzende Stunden davon“.

Wolff selber bekräftigt­e im USFernsehs­ender NBC die Legitimitä­t seines Buches. Alle in Trumps Umfeld hätten an dessen Regierungs­fähigkeit gezweifelt. „Jeder beschrieb ihn auf die gleiche Weise. Sie sagten, er sei wie ein Kind“, sagte Wolff. Auf Trumps Einwand, er habe nie mit ihm gesprochen, antwortete der Journalist: „Natürlich habe ich mit dem Präsidente­n gesprochen. Ob er wusste, dass es ein Interview ist oder nicht, weiß ich nicht.“Es sei aber keine Verschwieg­enheit über das Gesagte vereinbart worden.

Er schrieb bereits über Medienmogu­l Murdoch

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Foto: dpa Bringt US Präsident Donald Trump in Verlegenhe­it: Michael Wolff.

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