Ein schützender Ring
Sanierung Die zahlreichen Marterl aus den 50er-Jahren in Dießen haben eine besondere Bedeutung. Jetzt hat die Trachtenjugend eine der Betsäulen hergerichtet
Dießen Sie sollten Dießen wie ein schützender Ring umschließen – damit die Marktgemeinde am Ammersee nie mehr durch einen Krieg Schaden erleidet: die MuttergottesBildstöcke der Kinder. Viele hatte Benefiziat Jakob Ruf, von 16. September 1953 bis 1. April 1956 Priester in Dießen, geplant, sechs konnte er verwirklichen, für das siebte noch das Fundament bauen, dann wurde er als Wallfahrtspriester nach Maria Vesperbild berufen.
Somit konnte der Schutzring nicht mehr komplettiert werden und die Bildstöcke der Kinder sind im Wortsinne längst verwaist. Erst im vergangenen Jahr sind sie wieder in den Blickpunkt der öffentlichen Wahrnehmung gerückt, weil der Heimat- und Trachtenverein d’ Ammertaler Dießen-St. Georgen mit einem Teil seiner Trachtenjugend das verwahrloste Marterl am Ziegelstadel gereinigt, renoviert und ihm ein neues Schindeldach mit Kupferblech aufgesetzt hat. Das Madonnenbild der Mutter der Schönen Liebe haben sie zu Maler Christian Wahl gebracht, der das Werk von Freskomaler Sebastian Wirsching wieder zum Leuchten brachte. „Wir werden jetzt ein Auge darauf haben, dass es nicht mehr beschädigt wird“, versprechen die Trachtenkinder.
Benefiziat Ruf hatte seinerzeit die Idee eines Kollegen in Dillingen übernommen und begeisterte damit auch die Schulkinder in Dießen: Die Mädchen und Buben kauften mit ihrem Taschengeld Dießener Ziegelsteine oder Tuffsteine in Paterzell. Die Baupläne und die Bauarbeiten förderten die Bauunternehmer, Handwerker und Künstler.
Die Kinder brachten alle 30 Pfennige mit und schrieben mit Kreide ihren Namen auf „ihren“Baustein. Auf die Rückseite malten sie ein Herz und schrieben in großen Lettern noch Ave Maria drauf. Bevor sich die Kinder auf den Weg zu den Baustellen machten, trugen sie die Bausteine in die Schulmesse, dann wurden sie verbaut. In jedes Marterl wurde eine Urkunde mit den Namen der Kinder und ihren Fingerabdrücken eingemauert.
Zur Entstehungszeit hatten sich Familien und die am Bau Mitwirkenden um die Bildstöcke gekümmert und sie mit Blumen versehen. Das hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert und die Marterl sind in Vergessenheit geraten. Durch die Renovierung des Bildstöckls am Ziegelstadel hat die Trachtenjugend auch die anderen Marterl wiederentdeckt. Das war nicht immer einfach. Unter anderem hat sich auch Bauhof-Chef Albert Schmelzer mit auf die Suche gemacht.
Dabei haben die Nachforschungen ergeben, dass der Bildstock an der Landsberger Straße mit einem Marienbild ursprünglich von Eva von Rossen, einer Tochter des Malers Felix Otto von Rossen, beim Ausbau der Straße von der Nordseite auf die Südseite versetzt worden ist. So fristet es sein Dasein zwischen dem straßenbegleitenden Gebüsch und bisher ist nicht geklärt, woher die heutige Mariendarstellung stammt, die laut Aussagen von ehemaligen Schulkindern nicht mehr die ursprüngliche ist. Da erinnert sich Anneliese Weber aus Dettenschwang ganz genau, die erzählt, dass sie auf dem Schulweg (damals mit dem Rad) beim Vorbeiflitzen immer ein Kreuz geschlagen und die Buben ihren Hut gelupft hätten, „aber das war eine andere Maria“.
Zu den weiteren Standorten gehört in Neudießen, Ecke Von-Eichendorff-Straße zur Frontorstraße, das wohl stattlichste Marterl mit einer Schutzmantelmadonna vom Kunstmaler Wolfgang Hildebrandt aus Stettin. An der Weilheimer Straße (Höhe Keramik Hudler) steht ein inzwischen leeres Marterl, das ursprünglich von Kunstmaler Rudolf Schoeller mit einer Maria-Hilf-Darstellung geschmückt war. Der kleinste Bildstock steht an der Burgbergstraße, im Schutze des ausladenden Blätterdaches eines alten Baums. Seine ehemalige Pietà von Max Alton gibt es nicht mehr, deshalb hat die Malerin und Keramikerin Anneliese Mittermayr vor über zehn Jahren eine Pietà aus Keramik dafür angefertigt.
In St. Alban nahe der Staatsstraße wurde der Bildstock mehrfach durch Fahrzeuge beschädigt. Es war ursprünglich eingerichtet mit einer Madonna, gemalt von Sebastian Wirsching. Heute wird es von den Schwestern in St. Alban gepflegt. Dann gibt es noch das Fundament für das siebte Marterl an der Kreuzkapelle in St. Georgen. Durch die Recherchen sind viele Dießener wieder aufmerksam geworden und Irene Pollack hat in ihrem Fotoalbum noch eine Aufnahme entdeckt, auf der die Mädchen des Schuljahres 1955/56 (damals zweite und dritte Klasse) zu sehen sind.
Die Buben lupften den Hut vor der Muttergottes