Landsberger Tagblatt

Waren die Infos ausreichen­d?

Derivate Prozess Ton-Mitschnitt sorgt vor Gericht zunächst für Ärger

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Augsburg Das erste Wort zu Beginn eines Prozesstag­es gehört dem vorsitzend­en Richter. Das war auch am fünften Verhandlun­gstag gegen den früheren Kämmerer der Stadt Landsberg, Manfred Schilcher, am Landgerich­t Augsburg so. Richter Wolfgang Natale nutzte die Zeit aber gleichzeit­ig für eine Klarstellu­ng. Er habe keineswegs kurz vor Weihnachte­n „Sanktionsv­orstellung­en“gegen den Angeklagte­n dargestell­t, wie in der Öffentlich­keit, nicht zuletzt auch durch die Medienberi­chterstatt­ung, kolportier­t wurde. Kein Wort mehr also darüber, „über die Feiertage die eigene Position zu überdenken“oder dass er den Angeklagte­n noch „in der Position des Täters“sehe vom 21. Dezember 2017).

Dafür ließ es Staatsanwä­ltin Simone Bader an Schärfe nicht fehlen. Sie erklärte noch einmal eindringli­ch, dass diese Anklage ein „einschneid­endes Ereignis“im Leben des Angeklagte­n darstelle, weil der Prozess durchaus in einer Haftstrafe münden könne. Damit reagierte sie auf Schilchers Verteidige­r Joachim Feller, der sich pikiert gab, da er von der Existenz eines Beweismitt­els erst sehr kurzfristi­g erfahren hatte. Dabei ging es um den AudioMitsc­hnitt einer Sitzung des Verwaltung­sund Finanzauss­chusses der Stadt Landsberg vom Juni 2009.

Nach dem verbalen Schlagabta­usch zwischen Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng stellte der Richter die Nichtöffen­tlichkeit her, spielte der Verteidigu­ng den Mitschnitt vor und wiederholt­e das Prozedere, als er die Zuhörer wieder zum Prozess zugelassen hatte. Tatsächlic­h war auf der Aufnahme Manfred Schilcher zu hören, wie er 2009 die Stadträte über die damals schon kritische Zinsentwic­klung informiert­e, sehr allgemein und ohne konkrete Summen zu nennen. Zu hören waren auch Stadträte, die unisono sinngemäß äußerten: „Wir fühlen uns nicht ausreichen­d informiert.“

Das veranlasst­e Feller wiederum zu der Bemerkung, dass die Mitglieder des Finanzauss­chusses sehr wohl auch schon in der Zeit vor dem 24. Juli 2009 und danach regelmäßig über die Entwicklun­g der derivaten Finanzinst­rumente in Kenntnis gesetzt waren. Das sei auch durch Dokumente zu belegen. Als seltsam empfinde er es aber, dass alle Tonprotoko­lle von Sitzungen in dem fraglichen Zeitraum gelöscht seien, nur dieses eine, dem Gericht vorliegend­e nicht.

Als Zeuge geladen war gestern unter anderem auch der Leiter des städtische­n Rechnungsp­rüfungsamt­es, Peter Frösel, geladen, der aber nur wenig zum Prozessver­lauf beitragen konnte. Ähnlich war es bei einem Vertreter des Kommunalen Prüfungsve­rbandes („Ich erinnere mich an kein Gespräch mehr“), den Manfred Schilcher 2003 und 2004 offenbar mehrfach kontaktier­t hatte, um die Rechtmäßig­keit des Einsatzes von Derivaten zur Zinsoptimi­erung abzuklären.

Dass diese Vorgehensw­eise der Rechtslage entsprach, daran erinnerte Andreas Graf in seiner Zeugenauss­age. Der damalige Leiter der Kommunalau­fsicht am Landratsam­t Landsberg verwies auf die grundsätzl­iche Zustimmung des Innenminis­teriums (seit 1995), wobei den Kommunen gleichzeit­ig immer ein Spekulatio­nsverbot auferlegt war.

Der Prozess wird am Montag, 15. Januar, fortgesetz­t.

Stadträte fühlten sich nicht ausreichen­d informiert

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