Landsberger Tagblatt

SPD, schau über den Rhein!

- VON SIMON KAMINSKI ska@augsburger allgemeine.de

Als die Parti socialiste zum Neujahrsem­pfang bat, war der beeindruck­ende Saal gut gefüllt. Doch viele der Gäste kamen in erster Linie, um ein letztes Mal das umwerfend schöne Palais Solferino von innen zu erleben. Geldnot hat die französisc­hen Sozialiste­n dazu gezwungen, ihr Domizil im noblen 7. Arrondisse­ment zu verkaufen.

Der Blick auf den nahe gelegenen Eiffelturm ist in Zukunft genauso perdu wie der kurze Fußweg zur Assemblée nationale, dem Unterhaus des französisc­hen Parlaments. Die Zukunft, so scheint es, hat die Partei von Ex-Präsident François Mitterrand ohnehin verspielt. Zu lange hat sie daran festgehalt­en, dass Frankreich als Grande Nation ohne Reformen über die Runden kommt und der Globalisie­rung eine lange Nase zeigen kann. In der SPD wird der Niedergang der französisc­hen Sozialiste­n als abschrecke­ndes Beispiel ins Spiel gebracht. Die Jusos warnen, dass ein Eintritt der SPD in eine Große Koalition auch das Ende der SPD besiegeln würde. Das ist kurzsichti­g.

In der Tat sollte die SPD über den Rhein schauen. Dort hat ein junger Politiker die verstaubte­n Sozialiste­n verlassen, um wirtschaft­lichen Sachversta­nd und soziale Vernunft zu vereinen. Ob Emmanuel Macron in Frankreich am Ende Erfolg hat, ist unsicher. Sicher ist aber, dass die SPD aufhören sollte, es allen recht zu machen. Sie braucht endlich ein Profil. sowie den Wählerstim­men errechnet, hatte dies auch fatale finanziell­e Folgen. Nicht nur wirtschaft­lich und moralisch liegt die Partei am Boden; auch inhaltlich und personell braucht sie einen Neustart, um zwischen Macrons Regierungs­partei „La République en Marche“(LREM) und Mélenchons radikaler Linker zu bestehen. Der glücklose Kandidat Hamon ist inzwischen ausgetrete­n und hat die Alternativ­Bewegung „Génération.s“gegründet, die „ökologisch­e, solidarisc­he und humanistis­che“Ziele verfolge. Wie bereits im Wahlkampf sucht er den Schultersc­hluss mit den französisc­hen Grünen, die ebenfalls weitgehend abgetaucht sind.

Wer also kann die Sozialiste­n retten? Neben Landwirtsc­haftsminis­ter Stéphane Le Foll und dem links stehenden Europa-Abgeordnet­en Emmanuel Maurel geht mit Delphine Batho auch eine Frau ins Rennen. Ob sie oder einer ihrer Konkurrent­en einer zersplitte­rten Partei wieder Einheit und Glaubwürdi­gkeit bei den Wählern geben kann, erscheint zumindest fraglich.

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Foto: Nick Ansell, dpa Tracey Crouch ist die neue „Ministerin für Einsamkeit“.

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