„Wir finden nichts, Frau Hellmann“
Schmerzen Wie Astrid Hellmann lernte, mit ihrem chronischen Leiden umzugehen. Mit dem LT spricht sie über eine Ärzteodyssee und ein Programm, das ihr geholfen hat
Landsberg Wer Astrid Hellmann begegnet, mag kaum glauben, dass sie jahrelang unter permanenten Schmerzen gelitten hat. Im schwarzen Hosenanzug, passend zur burschikosen Frisur, kommt sie mit dynamischen Schritten zum Gespräch mit dem LT. Was gleich auffällt: ihr offenes und humorvolles Wesen. Jeder Krise wohnt auch eine Chance zu einem Neubeginn inne. „Ich hab’ das Positive aus meinem Leiden gezogen, es war nicht einfach, aber es hat sich gelohnt,“wird die gebürtige Thüringerin am Ende ihren Weg zusammenfassen.
Die Schmerzen schleichen sich ganz langsam in das Leben von Astrid Hellmann. Nichts Dramatisches, kein eindeutiger Beginn, kein Kausalzusammenhang. Da sind einerseits mehr als 30 Jahre sitzende Tätigkeit als Bankkauffrau. Immer mal wieder Kreuzschmerzen. Hin
Ein Umzug und ein Treppensturz
und wieder Krankengymnastik. Da ist ein traumatischer Banküberfall in den 1990er-Jahren, nach dessen Ende sofort weitergearbeitet wurde, als ob nichts gewesen wäre. Lendenwirbelblockade mit Ausstrahlung ins rechte Bein. Die Schmerzen steigern sich. Orthopädenbesuche. Spritzen. „Wir finden nix, Frau Hellmann.“Dann gibt es einen großen Umzug von Thüringen nach Bayern, der Liebe wegen. Schön, denkt man, aber auch anstrengend. Oder ein schwerer Treppensturz, nun ja, kann vorkommen. Alles Dinge, die passieren, nichts wirklich Schwerwiegendes. Vor ein paar Jahren verstärken sich die Schmerzen. Mal ein steifer Hals, Blockaden hier, Bewegungseinschränkungen da. Eine Ärzteodyssee folgt. Röntgen, MRT“, aufmunternde aber wirkungslose Ärztesprüche („machen Sie mehr Sport“). „Wahnsinnig zer- mürbend“, sagt die 48-Jährige. Dann machte eine Arbeitskollegin sie auf das Landsberger Schmerzzentrum aufmerksam. Sie stellt sich vor, beantwortet einen 74-FragenKatalog und macht ein zweitägiges Assessment, also Termine mit den Ärzten, den Physios, der Krankenschwester, der Therapeutin. Danach wird sie relativ zügig in das fünfwöchige Programm aufgenommen.
Astrid Hellmann merkt man noch heute die Begeisterung an, sie schwärmt von der überaus freundlichen und wertschätzenden Atmosphäre. Das Programm beginnt. Gruppengespräche, Einzelgesprä- che, Informationen, Akupressur, Qigong, Entspannungstechniken, Ergotherapie, Biofeedback, Arbeitsplatzgestaltung, Kneippanwendungen, Fitness, das ganze Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten, jede Woche ein fester, ganztägiger Stundenplan. „Sensationell,“sagt sie, „das war das Beste, was ich je gemacht habe“. Wie auf einer Insel habe sie sich in den fünf Wochen gefühlt. Obwohl man ihr eindeutig gesagt hatte, „Sie werden nicht schmerzfrei sein, wenn Sie hier rausgehen“, kann sie nun aber „extrem viel besser“mit dem Schmerz umgehen. „Ich bin tatsächlich nicht mehr abhängig vom Schmerz.“
Jetzt, Monate später, muss sie sich immer wieder disziplinieren, um das Gelernte in den Alltag zu integrieren. Natürlich gibt es Durchhänger, Schmerzen sowieso, aber zweimal im Monat bietet das Schmerzzentrum „Auszeiten“an, Termine, die sie jedes Mal neu motivieren. Ein Freund hat erst neulich gesagt: „Mensch, du hast dich aber verändert.“Viel entspannter sei sie geworden, geerdeter.
Wie auf einer Insel, fünf Wochen lang