Das Treffen der Flug Dinosaurier
Skiflug WM Kasai (45), Ahonen (40) und Ammann (36) stürzen sich noch immer von den Schanzen. Hannawald erklärt, warum die Oldies noch mithalten können
Oberstdorf Sie haben den Absprung verpasst, obwohl sie ihr ganzes Sportlerleben darauf hin trainieren, den Absprung perfekt zu treffen. Wobei, Janne Ahonen ist bereits drei Mal vom Skispringen zurückgetreten und taucht doch immer wieder an den Schanzen der Welt auf. Es muss eine Sucht sein, die den exzentrischen Finnen nicht loslässt. Der 40-Jährige ist bei der SkiflugWeltmeisterschaft in Oberstdorf nicht der Einzige, der sich immer noch mit Leidenschaft vom Schanzentisch stürzt. Neben Ahonen kamen gestern auch Noriaki Kasai, 45, und Simon Ammann, 36, zum Treffen der Flug-Dinosaurier und zeigten, dass sie mit den Jungstars zumindest mithalten können. Sven Hannawald erklärt, warum Skispringer auch jenseits der 35 noch bei der WM starten können. „Wir haben für unser Körpergewicht proportional mehr Muskeln an den Beinen und am Rumpf. Dementsprechend können wir mehr aushalten“, sagt der ehemalige deutsche Sprungstar.
Das hohe Alter eint die drei Ausnahme-Athleten, aber sonst nicht viel mehr. Während sich Ahonen in seiner Autobiografie damit brüstet, nach einem Saufgelage 2005 im slowenischen Planica mit 24 Dosen Bier am nächsten Tag noch gesprungen zu sein, leben die beiden anderen sportlich. Kasai gilt mit seiner Silbermedaille von der olympischen Großschanze 2014 in Sotschi als ältester Medaillengewinner im Skispringen bei den Spielen. Der Mann ist ein Unikum. Interviews sind nur mit Dolmetscher möglich, weil der Japaner kein Englisch spricht. Bereits 1992 gewann er im tschechischen Harrachov den Weltmeistertitel im Skifliegen. Seither zählt er mal mehr, mal weniger zur Weltspitze in seiner Disziplin. Gestern landete er mit 218,5 Metern im ersten Durchgang auf Rang sechs. Doch nach einem verpatzten zwei- Sprung (123,5 m) liegt er in der Gesamtwertung auf Platz 27.
Für Kasai ist der WM-Titel kein Thema mehr. Der 62 Kilogramm leichte und 1,77 Meter große Athlet sieht die Springen im Allgäu als Etappe zu seiner achten OlympiaTeilnahme. In der Eröffnungsfeier am 9. Februar in Pyeongchang führt Noriaki Kasai als Fahnenträger sein Land ins Stadion. „Ich freue mich darauf, das ist eine große Ehre für mich“, sagte er gestern. In Südkorea soll noch lange nicht Schluss sein. Der Mann aus Sapporo hat die nächsten Asien-Winterspiele 2022 in Peking ebenfalls auf dem Zettel. Und 2026? „Wenn ich ausgewählt werde für das Nationalteam, dann mache ich gerne mit“, sagte der Skispringer, der das Alter schon spürt. „Es zwickt schon mal im Rücken und in den Knien. Aber dafür habe ich eine spezielle Pflege.“
Als Fahnenträger führte Simon Ammann sein Land 2014 in die Spiele von Sotschi. Seinen vier olympischen Goldmedaillen konnte er in Russland keine weitere hinzufügen. Der Schweizer blieb trotz Zweifeln dabei.
„Ich finde es ein Riesenprivileg, das machen zu dürfen. Wir arbeiten in einem doch sehr aufregenden Sport“sagt der 36-Jährige und bereitet sich auf die Spiele in Korea vor. Auf der Heini-Klopten fer-Schanze landete der Mann aus Schindellegi nach einem starken ersten Sprung (203 m) und einem schwachen zweiten Satz (177 m) auf dem 15. Gesamtrang. „Ammann ist ein Pokerspieler. Er hat im zweiten Durchgang viel zu viel riskiert und ist zu aggressiv gesprungen“, kommentierte der 43-jährige Hannawald den Auftritt des Schweizers. Ahonen war als 24. der beste Finne. „Er hat zu wenig internen Druck“, urteilt der VierschanzentourneeSieger von 2002 und erzählt, warum er nicht zu den springenden Dinos gehört: „Ich hätte bestimmt auch viel Spaß. Aber ich wäre nicht mehr der Beste, und deshalb habe ich lieber aufgehört.“2005 nach einem überwundenen Burnout-Syndrom schaffte Hannawald den Absprung.