Der andere Bobadilla
Bundesliga Im Sommer wechselte der 30-Jährige zum FCA-Gegner vom heutigen Samstag. Sportlich verlief die Rückkehr unbefriedigend, darüber hinaus überrascht der Stürmer
Als Raúl Bobadilla im Sommer den FC Augsburg verließ, überraschte dieser Wechsel kaum. Wiederholt war trotz eines Vertrags bis Sommer 2020 über einen Weggang des eigenwilligen Argentiniers gemutmaßt worden; der Spieler selbst hatte mehrfach einen Abschied angedeutet. Was überraschte, war jedoch Bobadillas künftiger Klub. Denn der neue war sein alter. Jener, für den er von Sommer 2009 bis Januar 2012 gespielt hatte.
Der 30-Jährige präsentierte sich in der Heimspielstätte von Borussia Mönchengladbach, grinste in die Kamera und hielt ein schwarz-weißes Trikot mit der Nummer 26 in Händen. Bobadilla und die Borussia erweckten den Eindruck, als kehre ein verlorener Sohn in seine Heimat zurück. „Mein Herz schlägt nur für Gladbach“, erklärte Bobadilla wenige Tage nach seiner Ankunft am Niederrhein. Und, ergänzte er hoch emotional: Seine Mutter sei zu Tränen gerührt gewesen, als er ihr seinen Wechsel nach Gladbach verraten hätte.
Fans des FC Augsburg indes erfuhren einmal mehr, wie schnelllebig das Fußballbusiness doch ist. Und wie wankelmütig sich mitunter die Profis darin geben. Den FCAAnhängern hatte Bobadilla nämlich zuvor per Video mitgeteilt, er werde sie für immer in seinem Herzen tragen, kräftig schlug er sich dabei auf die linke Brust.
Am heutigen Samstag nun steht ein Wiedersehen an, im BorussiaPark empfängt Gladbach den FCA (15.30 Uhr). Und Bobadilla? Der ist nur Zuschauer. Im Hinspiel war er Opfer einer Vereinbarung zwischen FCA-Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und Gladbachs Sportdirektor Max Eberl gewesen; im Rückspiel wird eine Schambeinentzündung sein Mitwirken verhindern.
Somit fehlt Trainer Dieter Hecking jener Stürmertyp, den Bobadilla verkörpert – was ausschlaggebend für die Verpflichtung des Angreifers war. Steakliebhaber Bobadilla, mitunter als „EinMann-Büffelherde“bezeichnet, randaliert sich durch Strafräume, löst Situationen unorthodox und unberechenbar. Im durchdeklinierten Konzeptfußball ein Überraschungsmoment. Borussias Sportchef Eberl sprach von der perfekten Ergänzung zu den spielstarken Angreifern Raffael, Stindl oder Hazard. Den Beweis ist Bobadilla bislang schuldig geblieben, seine Hinrunde prägten Verletzungen und Formschwäche. Seine Körpermasse soll dieser Tage nicht nur von Muskeln stammen. Zwischen zwei und drei Millionen Euro sollen den Gladbachern die Dienste Bobadillas wert gewesen sein. Sie schreckte nicht, mit welcher Art Mensch sie es zu tun haben würden. Eberl meinte einmal, er habe mit Bobadilla dessen wildeste Zeit in der Bundesliga erlebt. „Er ist ruhiger, professioneller und Vater geworden“, fügte Eberl hinzu. Mitunter wirkt es tatsächlich so, als habe bei Bobadilla ein Reifeprozess eingesetzt. In Augsburg ertrugen die Verantwortlichen jahrelang den schwierigen Charakter, diesen Typen mit Ecken, Kanten und auffälligen Tattoos. Sie standen ihm bei, als er sich wegen eines schweren Verkehrsdelikts vor einem Schweizer Gericht verantworten musste oder am Rande des Augsburger Presseballs in ein Handgemenge verwickelt war. Sie sorgten für sein Wohlbefinden – in der Hoffnung, er würde mit Toren zurückzahlen. Und Bobadilla lieferte. Seit seinen Auftritten im Europapokal galt er als Publikumsliebling und Identifikationsfigur. Irgendwann war dem FCA jedoch der Preis zu hoch. FCA-Präsident Klaus Hofmann betonte, er sei Bobadillas „Extrawürste leid gewesen“, und Mitspieler Halil Altintop meinte, es sei an der Zeit gewesen, „sich von ihm zu trennen“.
Seit seiner Rückkehr nach Gladbach verhält sich Bobadilla indes auffällig unauffällig. Die Nähe zu seinem Berater José Noguera hat ihn zum braven Familienmenschen werden lassen. Keine nächtlichen Eskapaden, stattdessen gibt er freundlich Auskünfte an Journalisten und hilft Landsmann Julio Villalba, sich in Deutschland zurechtzufinden. Für den 19-Jährigen ist Bobadilla eine Art Vaterfigur, er erteilt Ratschläge. Unter anderem, dass Villalba seine Familie nach Europa holen und Deutsch lernen soll. Im Express sagte Bobadilla: „Nur Fußballspielen reicht nicht. Ich habe mit der Zeit gelernt, wie wichtig die Sprache ist.“Allerdings: Auch jetzt wird über einen Wechsel des Angreifers nach Südamerika spekuliert. Dies wiederum erinnert doch stark an jenen Bobadilla aus Augsburger Zeiten.