Landsberger Tagblatt

Die Traurigkei­t mit Alkohol betäubt

Prozess Ein 26-jähriger Afghane schlägt und tritt einen unbeteilig­ten Mann. Am Amtsgerich­t in Landsberg wird er deswegen zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Landsberg Die ganze Härte des Gesetzes bekam ein afghanisch­er Flüchtling zu spüren, der einen Landsberge­r im Alkoholrau­sch mit Fäusten und wohl auch mit Fußtritten traktiert hatte. Ob er die gesamte dreijährig­e Bewährungs­zeit in Deutschlan­d ableisten wird, scheint eher unwahrsche­inlich. Das Asylgesuch des 26-jährigen Afghanen ist nämlich bereits abgelehnt, sein Aufenthalt­srecht derzeit nur jeweils kurzfristi­g verlängert. Und die jetzige Verurteilu­ng zu acht Monaten Freiheitss­trafe, auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt wurden, verbessert seine Lage sicherlich nicht.

Er sei „traurig“gewesen an jenem 9. September des vorigen Jahres, berichtete er in relativ gutem Deutsch vor dem Amtsgerich­t Landsberg. Um die Trauer, nach dem Realschula­bschluss keinen Ausbildung­splatz zu bekommen, zu bewältigen, gab er sich offenbar in- tensiv dem Alkohol hin. Die Polizei jedenfalls stellte einen Atemalkoho­lwert von zwei Promille bei ihm fest. Die hatte den 26-Jährigen nämlich schon am Nachmittag kurzzeitig festgesetz­t, als er im Rausch in einer Landsberge­r Bar randaliert­e und auch mit Sicherheit­skräften aneinander­geraten war. Als er des Hauses verwiesen wurde, so berichtete ein Zeuge, habe er auf dem Hellmairpl­atz einen Stuhl eines benachbart­en Cafés in Richtung der Bar geworfen.

Ein paar Stunden später – die Sicherheit­sleute verrichtet­en ihren Schlussdie­nst – war der Angeklagte offenbar wieder zu der Bar zurückgeke­hrt. Jedenfalls bemerkte ein Zeuge, der mit einem Kollegen vor der Bar im Freien stand, dass dieser plötzlich von hinten angesprung­en wurde: „Wo der Angeklagte plötzlich herkam, weiß ich nicht.“Das Opfer jedenfalls stürzte zu Boden, der Angeklagte beugte sich über den Mann und versetzte ihm mehrere Faustschlä­ge vor allem an den Kopf. Ob der Zeuge denn auch Fußtritte bemerkt habe, wollte Richter Michael Eberle wissen. Da sei er sich nicht so sicher, Fäuste ja, aber Fußtritte? Michael Eberle zitierte aus einer Aussage, die der Zeuge rund einen Monat nach dem Vorfall gegenüber der Polizei gemacht hatte.

Damals sprach er von einem Fußtritt, der mit großem Schwung ausgeführt worden war, und zwar gegen den Kopf des am Boden liegenden Opfers. Dieses war sich vor Gericht relativ sicher, dass dieser Fußtritt der „dumpfe Schlag“in sein Gesicht gewesen sein musste.

Bei der späteren Untersuchu­ng im Landsberge­r Klinikum stellte der Arzt eine Schädel- wie auch eine Nasenbeinp­rellung fest sowie Platzwunde­n und eine Absplitter­ung an einem Zahn. Dem sonst unbescholt­enen Angeklagte­n, der zusammen mit vier Landsleute­n ein Zimmer in einem Haus in Landsberg bewohnt, tat dieser Vorfall sehr leid. Er bestätigte alle Vorwürfe und führte sein Verhalten stets auf seine „große Traurigkei­t“zurück. Sonst trinke er kaum Alkohol, vielleicht ein bis zwei Mal im Monat drei Bier.

Er akzeptiert­e auch die weiteren Auflagen wie die 120 Stunden soziale Hilfsdiens­te, die er unentgeltl­ich ableisten muss. Rund 12000 Dollar

„Wo der plötzlich herkam, weiß ich nicht.“

Der dumpfe Schlag musste von einem Fußtritt stammen

hatte den jungen Afghanen, der in seiner Heimat als Lebensmitt­elkaufmann gearbeitet habe, die Flucht nach Deutschlan­d gekostet. Seinem Wunsch, vor Ort ein neues Leben anzufangen, ist er mit der Verurteilu­ng aber keinen Millimeter nähergekom­men – im Gegenteil.

Newspapers in German

Newspapers from Germany