Landsberger Tagblatt

Wo die Fettnäpfch­en für neue Chefs lauern

Erst noch Kollege, dann plötzlich Teamleiter. Eine Karriere-Beraterin erklärt, was es zu beachten gibt

-

Köln Jedes Team braucht einen Chef – manchmal kommt der aus dem Team. Wer zum Projektlei­ter befördert wird, bestimmt plötzlich über die Teamkolleg­en. Führungskr­äfteCoach Bianca Fuhrmann sagt, was dann wichtig ist.

Gerade war man noch Kollege, jetzt ist man Chef. Was sind in der Situation typische Fehler?

Bianca Fuhrmann: Das hängt vom Typ ab. Da gibt es zum Beispiel die Rabauken, die das überschäum­end feiern. Die denken, dass sich jeder darüber freut – das ist aber oft nicht so. Umgekehrt passiert es auch, dass ohne offizielle Bekanntgab­e der neuen Führungspe­rson unklar ist, wer jetzt eine Führungsro­lle hat. Das ist auch schwierig, weil dann heimliche Führer entstehen, die diese Rolle einfach an sich reißen.

Wie kann der Start in die neue Rolle gelingen?

Fuhrmann: Ich brauche eine Art Kick-Off. Das muss keine ganz formelle Veranstalt­ung sein. Aber ich muss meinen Führungsan­spruch klarstelle­n, ich muss Orientieru­ng und Sicherheit geben. Was sind die Rahmenbedi­ngungen meiner Führung? Wofür bin ich verantwort­lich, was sind meine Ziele? Das sind so Fragen, die ich klären muss.

Eher harte Fakten und nicht Ansagen wie „Meine Tür ist immer offen“? Fuhrmann: Doch, das gehört schon auch dazu – aber man muss das unterschei­den. Einerseits sind da die Fakten, anderersei­ts eben die weicheren Faktoren, das Teambuildi­ng. Duze ich oder sieze ich plötzlich? Das wäre so eine typische Frage. Und, ganz wichtig: Im Kick-Off muss ich auch in den Dialog mit den Mitarbeite­rn gehen und herausfind­en, wo mögliche Knackpunkt­e liegen. Wenn ich die nicht finde, kann ich sie auch nicht lösen.

Eventuell bin ich nicht der Einzige im Team, der sich um die Führungsro­lle beworben hat. Wie gehe ich damit um? Fuhrmann: Aussitzen kann ich es leider nicht. Wenn sich jemand auch um eine Führungsro­lle beworben hat, wird er nicht mitschwimm­en. Eher versucht er, meine Führung zu untergrabe­n – und da darf ich nicht das Gesicht verlieren. Das ist wie im Tierreich: Wer keine Stärke zeigt, dem folgt man nicht.

Muss es denn zum Konflikt kommen? Fuhrmann: Nein. Wenn es mir gleich gelingt, das auszuräume­n, ist es natürlich perfekt. Aber meiner Erfahrung nach ist das leider eher die Ausnahme. Wahrschein­licher ist, dass es eskaliert – und dass dann plötzlich auch Sachen auf den Tisch kommen, die mit dem Konflikt eigentlich gar nichts mehr zu tun haben. Da bin ich als Führungskr­aft auch dafür verantwort­lich, die Streitpunk­te voneinande­r zu trennen.

Bin ich dabei auf mich allein gestellt? Fuhrmann: Nicht ganz. Ich muss mich in einer Führungsro­lle auch immer mit der nächsthöhe­ren Ebene absprechen: Wann ist der Zeitpunkt gekommen, wann mein Chef einschreit­en muss? Das kann nötig sein – gleichzeit­ig darf der nicht wie ein großer Bruder wirken, den ich immer rufe, wenn es ernst wird.

Umgekehrt gibt es auch Kollegen, mit denen ich eine gute Beziehung habe – sogar befreundet war. Was ist damit? Fuhrmann: Davon muss ich mich ein Stück verabschie­den. Denn ich bin jetzt nicht mehr nur der Freund, ich habe auch eine Verantwort­ung gegenüber der nächsthöhe­ren Ebene.

Was bedeutet das konkret? Fuhrmann: Das heißt zum Beispiel auch, dass ich auf das Bier nach Feierabend im Kollegenkr­eis erst mal verzichten muss. Denn es darf nicht so wirken, als würde ich einzelne Kollegen bevorzugen. Da entsteht dann eine Art Grüppchenb­ildung, und das sorgt für Unzufriede­nheit.

Das klingt alles sehr schwierig. Wäre es da nicht einfacher, für eine Führungsro­lle das Unternehme­n zu wechseln?

Fuhrmann: Es muss nicht gleich ein Unternehme­nswechsel sein – oft reicht es schon, innerhalb des Unternehme­ns in einen anderen Bereich zu gehen. Aber ja, aus dem eigenen Team in eine Führungsro­lle zu gehen, ist wirklich die denkbar schwierigs­te Situation.

 ?? Foto: Simone Scardovell­i, dpa ?? Bianca Fuhrmann ist Mentorin und Beraterin für Führungskr­äfte. Sie sagt, als Kollege in die Chefrolle zu wechseln sei besonders schwer.
Foto: Simone Scardovell­i, dpa Bianca Fuhrmann ist Mentorin und Beraterin für Führungskr­äfte. Sie sagt, als Kollege in die Chefrolle zu wechseln sei besonders schwer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany